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1 (1900) Enthaltend Buch 1 (Handelstand) und Buch 2 (Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft)
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347
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Offene Handelsgesellschaft. Z 105. 347

Erforderlich ist hiernach, daß sich die Gesellschafter verpflichten, die Erreichung eines Anm. z.gemeinschaftlichen Endzwecks in bestimmter Weise zu fördern, insbesondere die vereinbartenBeiträge zu leisten. Denn das gehört nach Z 705 B.G.B, zum Wesen einer jeden Gesell-schaft. Durch welche Art von Beiträgen der Gesellschaftszweck gefördert werden soll, istvöllig dem Gesellschaftsvertrage überlassen. Es können Sachen, Rechtshandlungen, Ber- pflichtungsübernahmen sein, aber die Leistung von Beiträgen ist wesentlich. (Fischer undHenle Anm. 4 zu Z 705 B.G.B.) Es kaun auch sein, daß einer der Gesellschafter denEndzweck fördert in der Weise, daß er sich als Gesellschafter eintragen läßt, dadurch dasRisiko der Schuldenhaftung übernimmt und hierdurch den Kredit der Gesellschaft erhöht(R.G. 37S. 61). Aber ganz erlassen kann die Beitragsleistnng einem Gesellschafter nicht werden; sonstliegt keine Gesellschaft vor (Motive zum B.G.B. II S. 594; Z 629 des ersten Ent-wurfs). Ferner muß der Endzweck der Gesellschaft ein gemeinsamer sein. Die Absichtmuß dahin gehen, die Ergebnisse des Geschäfts allen Gesellschaftern zukommen zu lassen,nicht gerade nothwendig allen in gleichem Umfange, aber doch allen, und zwar als Geschäfts-ergebnisse, als Resultate der wechselnden Schicksale der Gesellschaft.

Hiernach ist keine Societät vorhanden, wenn ein Gesellschafter von jedem Gewinn Anm. »ausgeschlossen wird (Löwengesellschaft, Motive zum B.G.B. II S. 594), ebenso wennJemand eine fixe Summe als Entschädigung, sei es für seine Einlage, oder für seineSchuldenhaftung oder für seine Thätigkeit zugesichert erhält. Der Zweck ist dann kein/gemeinsamer, er nimmt nicht Theil an den Schicksalen der Gesellschaft. Denn er soll jadie ihm zugesicherte Summe erhalten, gleichviel, ob die Gesellschaft Gewinn oder Verlusthat (vergl. O.L.G. Marienwerder in d.A. 46 S. 493). Ein garantirtes Minimum würdeaber dem Vorhandensein einer Gesellschaft nicht entgegenstehen; denn immerhin hängtdoch der Ueberschuß über das Minimum von den Schicksalen der Gesellschaft ab.

Auch ist es nicht nothwendig, daß jeder Socius an allen Schicksalen der Gesell- Anm. 5.schaft Theil nimmt. Die Theilnahme am Verluste kann einem Gesellschafter auch erlassenwerden (vergl. Z 336 Abs. 2 H.G.B.).

Und selbstverständlich liegt keine Gesellschaft vor, wenn aus sonstigen Gründen Anm. s.(etwa aus einem stipulirten Abhäigigkeitsverhältnisse oder den vereinbarten Kündigungs-bedingungen) folgt, daß nach innen Dienst, Miethe oder Darlehen oder ein sonstiger Ver-trag verabredet ist, weil eben eine Gesellschaft vorhanden sein muß, wenn eine offeneHandelsgesellschaft vorliegen soll.

Andererseits kann die Gemeinschaft ursprünglich auch auf anderer Grundlage als Anm. ?.auf Bertrag beruhen: Beschließen zwei Personen, deren Gemeinschaft auf anderer alsvertragsmäßiger Grundlage beruht, unter gemeinschaftlicher Firma ein Handelsgewerbezu betreiben, so schließen die ursprünglich durch andere Rechtsgründe vereinigten Personenhiermit einen Gesellschaftsvertrag und bilden eine offene Handelsgesellschaft, so wenn essich um die Gemeinschaft zwischen Erben handelt (vergl. unten Anm. 26), oder um diefortgesetzte Gütergemeinschaft (O.L.G. Stuttgart in 6l.6. 40 S. 457; R.O.H. 11 S. 102,R.G. 10 S. 103).

Ueber weitere Erfordernisse des Gesellschaftsvertrages siehe Anm. 3 zu Z 109.

Da eine Gesellschaft vorliegen muß, so folgt daraus ohne Weiteres, daß die offene Anm. s.Handelsgesellschaft keine juristische Person ist. Der alte Streit hierüber (vergl. unsere 5. Aufl.Z 2 zu Art. 35) ist damit begraben.

Es muß aber hiersofort bemerkt werden, daß eine Vereinigung vonPersonen, die keine offene Handelsgesellschaft ist, doch für den Rechts-verkehr als solche gelten kann (siehe hierüber unten Anm. 14 und ferner Z 123).

2. Auf den Betrieb eines Handclsgewcrbcs muß der Zweck der offenen Handelsgesellschaft Anm. sgerichtet sein. Wie zu 1 dargelegt, gehört zum Wesen jeder Gesellschaft die Erreichungeines gemeinsamen Zweckes. Derselbe muß hier der Betrieb eines Handelsgewerbes sein,a) Der Begriff Betrieb ist in Anm. 5 fsg. zu Z 1 auseinandergesetzt. Es folgt ausdiesem Begriff, daß die Geschäfte im Namen aller Socien (d. h. unter der Firmader Gesellschaft, als dem gemeinschaftlichen Handelsnamen) abgeschlossen werden müssen.