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die bisher Objekt und nicht Subjekt der Weltwirtschaft war.Deutschland hat erklärt, daß sein Verhältnis zur Türkei nichtauf Macht oder Privileg beruhe. Es war der erste Staat, dersich freiwillig bereit finden ließ, die Kapitulationen abzu-schaffen, und Deutschland beabsichtigt in der Türkei nichtMonopole, sondern die Eigenbehauptung der Türkei und dieGleichberechtigung aller Nationen. Sollte der Versuch inder Türkei gelingen, so hat dies eine tiefgreifende Rück-wirkung auf Indien und Ägypten , deren Home-Rule sichanmeldet.
Letzthin geht Deutschland noch weiter. Es gibt nämlichbreite Gebiete der Erde, auf welche E. List's Idee der sichallseitig entwickelnden Yolkwirtschaft nicht paßt. Das sinddie tropischen Gebiete mit Bewohnern, die überhaupt einernationalen Kultur unzugänglich sind. Hier auf rein kolonialemBoden der tropischen Welt hat Deutschland das allerdringendsteInteresse an der Durchführung des reinen Ereihandels, d. h.selbstverständlich nicht an der Aufhebung des Zolltarifs. Zöllebleiben für fiskalische Zwecke, aber Gleichberechtigung allerohne Bevorzugung des Mutterlandes, wie dies bisher in denbritischen Kronkolonien und in den deutschen Kolonien derFall war. Ein wichtiges Kriegsziel — ich weiß nicht, ob eszu erreichen sein wird — wäre, daß dieses Prinzip der „offnenTür" auch von Frankreich akzeptiert würde. Das wäre füruns vielleicht wichtiger als die Abtretung französischer Kolo-nien; denn ich erinnere daran, daß die ganze Marokkoaffärenicht etwa deswegen ins Rollen kam, weil Frankreich Marokko annektieren wollte. Der französische Unteroffizier am Hafenhätte uns sehr wenig geniert, und wenn Frankreich Ordnungin Marokko gehalten hätte, wäre uns das auch vielleicht rechtgewesen. Aber weil der französische Douanier auftauchte,weil Frankreich dieses so aussichtsvolle Wirtschaftsgebiet insein prohibitives Zollsystem hineinziehen wollte, deswegenmußten wir protestieren.
Zu der allgemeinen Meistbegünstigung und der Offenen Türin den Kolonien hat sodann ein System langfristigerHandelsverträge zu treten. Es ist unser eigenstes Inter-esse den Gedanken aufzugeben, als ob ein Handelsvertragein Kuhhandel sei, bei dem es gilt, den andern über dasOhr zu hauen. Vielmehr gilt hier wie bei jedem gesundenGeschäft in< der großen Geschäftswelt, daß die Interessenbeider Seiten gefördert werden müssen. Insbesondere giltdies von dem bevorstehenden wichtigen Handelsvertrage mit