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Zur Wiedergeburt des Abendlandes / von Gerhard von Schulze-Gaevernitz
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Besonders tiefgreifend war die Umstellung der Sozial-wissenschaft. Das 19. Jahrhundert hatte den radikal un-gläubigen Wirtschaftsmenschen auf den Thron gehoben undals Heilbringer und Kulturträger ] verherrlicht. Auch dieMarxisten, die ihn als Ausbeuter verdammten, stimmten darinmit denBürgerlichen" überein, daß sie die Wirtschaftswissen-schaft auf den Nutzen des Einzelnen ausrichteten und diesenrein diesseitigen Nutzen in den Mittelpunkt des menschlichenLebens rückten. Seit dem Anfang unseres Jahrhunderts hat diedeutsche Wissenschaft nach dem Vorgang Max Webers undOttmar Spanns die Bedeutung des religiösen Faktors fürdie Wirtschaft unterstrichen. In den Kriegs- und Nachkriegs-jahren hat es das Zeitalter erlebt, daß Reichtum kein Endzielist, und daß selbst der Reichtum zerrinnt, wo er als Endzielbehandelt wird. Die Wirtschaftswissenschaft wurde Sozial-wissenschaft, indem sie das soziale Ganze als die Voraus-setzung der Wirtschaft voranstellte (Stammler, Diehl).

In der gleichen Richtung wirkte die gefühlsmäßige Einstel-lung des Nachkriegsgeschlechts in der sog. Jugendbewegungmit ihrer erbitterten Abkehr von der verlogenen Gesellschaft,der seelenlosen Wirtschaft, der gleisnerischen Großstadt mitihrer leidenschaftlichen Bejahung des Lebens, ihrer Mystik derNatur, des Leibes und der Gemeinschaft. Herbes, reines, natur-gemäßes Leben, schöpferischer Drang und Zukunftsglaube,Bewußtsein eigener Sendung, Übermenschentum und Reichs-gedanke alles dies war Sehnsucht, Ahnung, keine Erfüllung.Der Zugang war freigelegt, aber die Pforte noch nicht durch-schritten, die aus vergänglichem Sturm und Drang zur Ewig-keitswelt emporführt.

Glaubens bereit schaft ist nicht Glaubensgewißheit!Sind von allen Seiten die Hindernisse hinweggeräumt, so be-darf es eines kühnen Griffes, und die Pforte öffnet sich einesfesten Schrittes, und sie ist durchschritten. Wir treten aufFelsenboden und blicken nach oben, von wo uns Kraft undKlarheit entgegenleuchtet. Gedanken versagen! Aus den Tiefender Seele quillt der Entschluß, Gott zu erfühlen, zu ergreifen.

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