dem Erlebnis eines Jesus, Johannes und Franziskus, eines Piatonund eines Fichte: Gott im Menschen! Mit diesem Glaubenhoffen wir den politischen und sozialen Nöten der Zeit erfolg-reich begegnen zu können. Kein Pantheismus! Gott ist unend-lich mehr als die Welt, aber er ist doch auch in der Welt(Eph. 4, 6), wogegen die einseitig gesteigerte TranszendenzGottes die Welt ihrer Eigengesetzlichkeit und damit demDämon überläßt, den wir nur zu handgreiflich erlebten. Eshandelt sich hierbei nicht um den Unterschied zwischen angel-sächsischer und deutscher Frömmigkeit; denn als Erben desdeutschen Täufertums und der deutschen Mystik kommen wirDeutsche zu diesem Gotteserlebnis. Die Katholiken unter unswissen, daß die Welt als Gottesschöpfung gut ist, zwar ver-derbt durch Sünde, aber wiederherstellbar durch Gnade. Wiehoch steht der Mensch, wenn Gott seine Gestalt annahm!
So wird der Glaube des Neuen Deutschlands aus den Wurzelnder deutschen Mystik hervorwachsen, die mit Eckehart amtiefsten bohren, mit Thomas von Kempen am breitesten greifen,mit Täufertum utid Pietismus weithin in die Historie aus-zweigen. Vergilbte Namen der Literaturgeschichte erwachenzu neuem Leben und strömen Kräfte in die dämmernde Zu-kunft: ein Hans Denk, ein Caspar Schwenkfeld . Einem Para-celsus und einem Jakob Boehme reichte der Dichter den Opfer-trank des Lebens. Sieghaft durch die Nacht der Jahrhunderte,aus verschollenen Konventikeln von Mennoniten und Kol-legianten, flammt Rembrandts deutscheste Seele gen Himmel,abgründigem Dunkel die herrlich bunte Gotteswelt ent-zaubernd. Er ist unser — an Blut und Seele.
Von diesem Boden aus, umgeben von Geheimnissen undWundern, ist unsere Lebensbejahung etwas anderes als dieEigenmacht des Übermenschen, die am Schicksal zerschellt.Sie ist zugleich Ehrfurcht vor dem, was über uns ist, unendlicherhaben und doch heilvoll nahe — nahe dem großen Weltlauf,wie dem kleinen Tageslauf! Unser Schicksal ist kein blindes Ver-hängnis, die letzte Entscheidung liegt bei uns. Gott aberwartetnur auf unser Ja — und das Gute kreuzt unversehens unsern
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