Züchter erwünscht sind. Es ist erstaunlich, welche umgestalten-den Wirkungen der Züchter schon in wenigen Generationenhervorbringen kann. Man denke an die Verschiedenartigkeitvon Hunde- und Pferderassen, deren Abstammung vom glei-chen Erbstamm kaum glaublich erscheint.
Francis Galton ging darin voran, die Ergebnisse der Ver-erbungslehre auch auf den Menschen anzuwenden. Die Tech-nik, welche durch bewußt geleitete Fortpflanzung den Men-schen zu „veredeln" unternimmt, heißt Eugenik. Ihre An-wendung begegnet zunächst der Schwierigkeit, daß auf demder Eugenik so nahe verwandten Gebiete der Erotik der abend-ländische Mensch jeden Zwang leidenschaftlich ablehnt. Abermehr als dies: zwischen Tier und Mensch besteht der grund-sätzliche Unterschied, daß Wirtschaft oder Mode dem Züchterdie Ziele der Züchtung aufgeben. Für den Menschen dagegensteht keine „Zuchtrichtung" fest, indem die Naturwissenschaftkeine Wertmaßstäbe enthält, ja ihrem Wesen untreu wird, wennsie sich um solche bemüht. Daher entnehmen die Eugenikerihre Maßstäbe unbesehen, oft kritiklos der sozialen Umwelt,als Gelehrte vielfach dem Intellektualismus eines absterbendenZeitalters.
Welche Rassen, welche Volksschichten sind die begab-teren, die zu erhaltenden und fortzupflanzenden? Ist das„Bessere" nach Schulleistung, Gehirngewicht oder gar Hut-weite (!) festzustellen?? Sind die Wohlhabenden die „besserenLeute", als ob nicht so manche der menschlichen Großen inihrer Jugend gehungert hätten? Als ob in der kapitalistischen Wirtschaftsordnung nicht kühle Rechenhaftigkeit, harte Ich-sucht, oft schwindlerische Skrupellosikeit zu Besitz führen.Ist der Primus omnium als der Erste einer Oberprima, dermillionenschwere Bankdirektor, die ordensübersäte Exzellenz„besser" als der träumerische Poet, der gottselig hungerndeHausweber, der unbekannte Soldat, der sich als Held offen-barte? Ist der hartherzige Herr, der sich abwesend durch dieArbeit seiner Diener bereichert, „besser" als der getreue Ver-walter, der arm bleibt, während er fremdes Gut verwaltet?
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