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Zur Wiedergeburt des Abendlandes / von Gerhard von Schulze-Gaevernitz
Entstehung
Seite
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Es gilt dies auch von dem Nebeneinander der Völker.Kein Volk, das nicht in den Heilsplan eingeschlossen wäre.Auchan den äußersten Grenzen des Pontos", wo immer derMissionar hinkommt, ist nach einem schönen Worte Zinzen-dorfs der heilige Geist schon vorher zu Besuch gewesen. Ins-besondere gilt dies von den großen Kulturvölkern Asiens , mitdenen der abendländische Geist gerade heute in das Verhältnisder Gabe und Gegengabe tritt, dem die politische Gleich-berechtigung folgen muß. Wieviel können wir von diesen Völ-kern des Ostens lernen, welche, gesammelt auf das Wesentlichedes Lebens, ihr biologisches Erbgut durch die Jahrtausendehüteten, während wir das unsere in der Hast der Großstadt,auf dem Altar des Mammon verschleuderten. Eine west-öst-liche Menschheitskultur ist im Aufsteigen, in der das Abend-land mehr zu geben hat als Maschinen, Panzerschiffe undV erfassungsparagraphen.

Aber der göttliche Heilsplan umfaßt nicht minder das zeit-liche Nacheinander der Geschichte. Es gibt keinenUnterschied zwischen heiliger und profaner Geschichte. DieMenschheit erhebt sich aus dem Triebleben der Natur, umdurch Sünde und Gnade, durch Halbkultur, Fehlkultur undHochkultur dem Gottesreiche zuzureifen. Ihre Anfänge ver-lieren sich in das Dunkel der Urgeschichte; sie liegen dort, woder Mensch die Abweichung von den Gesetzen des Lebens alswertwidrig empfand und in sich die Fähigkeit entdeckte,durch freie Tat diese Gesetze wiederherzustellen. Dies vermagder Mensch! Nicht vermochte dies der dem Aussterben ver-fallene Saurier, welcher dereinst die Erdoberfläche so be-herrscht hat, wie heute der Mensch.

Die Unterwerfung unter die Gesetze des Lebens, die alsWille der Gottheit bejaht werden, mag im Ritus verhüllt sein,z. B. in Speise- oder Waschungsgeboten; sie mag monarchischverbrämt sein, z. B. in der göttlichen Abstammung der Königs-familie; sie mag das Gesetz der Polis (griechischer Stadtstaat)mit religiöser Weihe umkleiden, der zuliebe ein Sokrates denSchierlingsbecher trinkt. Immer liegt die Menschwerdung

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