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Zur Wiedergeburt des Abendlandes / von Gerhard von Schulze-Gaevernitz
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Der neue Staat dagegen beruft sich, ebenso wie die Demo-kratie des Westens, auf das Volk, insbesondere auf die breiteMasse des arbeitenden Volkes, als die Quelle alles Rechts. Ersucht den Staatswillen zunächst durch Stimmenmehrheit fest-zustellen, darüber hinaus jedoch zu einem einheitlichenVolkswillen vorzudringen, dervolonte generale", dieschon Rousseau der Stimmenzählung übergeordnet hatte.Als Aufgabe des Staates gilt ihm das Gemeinwohl, wobeiin erster Linie an die Erhaltung und Steigerung des Volks-tums gedacht wird.

Der Parlamentsstaat des Westens, als der Staat des libe-ralen und kapitalistischen Zeitalters,repräsentierte" das Volkdurch seine parlamentarischen Vertreter, welche bei vollerDurchführung dieses Staatsgedankens aus allgemeinem undgleichem Wahlrecht hervorgingen. Er suchte den Staatswillendurch Parlamentsmehrheiten zu ermitteln. In der anglo-amerikanischen Welt diente hierzu die wechselnde Mehrheitzweier wesenverwandter Parteien. Auf diesem seinem Mutter-boden verblieb dieser Staat, trotz demokratischer Verfassung,in der Hand einer bürgerlichen Oberschicht. Unter weitgehen-dem Schutz der jeweils regierenden Minderheit durch Freiheits-rechte, unter Selbstverständlichkeit der nationalen Einstellungbeider Parteien, hat dieser Staat in England und Amerika Weltreiche aufgebaut. Seine innere Aufgabe war es, durchRechtsschutz die Freiheit des Einzelnen zu gewährleisten,damit den kapitalistischen Geist zu entfesseln und trotz allerdemokratischen Formen Besitz und Macht den Magnaten desKapitals und Bodenmonopols in die Hand zu legen.

Der neue Staat sucht den Staatswillen in einer letztverant-wortlichen und letztentscheidenden Persönlichkeit zu sam-meln und planmäßige Politik auf lange Sicht zu treiben, un-gehemmt von der parlamentarischen Fessel, unabhängig vonden Schwankungen der Tagesmeinung. Der neue Staat ordnetdie Gemeinschaft der Freiheit über und bekennt sich zum Zieleder Volksgemeinschaft als einem durch Blut und Boden,gemeinsame Geschichte, Sprache, Gefühle und Wollungen zu-

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