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Zur Wiedergeburt des Abendlandes / von Gerhard von Schulze-Gaevernitz
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Auch die Kleinkunst des täglichen Lebens hebt den Men-schen über seine Widersprüche hinaus: ein Blumenstrauß, einGarten, ein Zimmer, ein Wochenendhaus können schön seinwie eine Eisenbrücke, eine Fabrik, ein Stadtbild, ein Waldrauchender Schlote schön wie ein Gemälde oder eine Sym-phonie, schön wie die Heide oder das Hochgebirge. Glücklichder, der im Stilleben seiner Umgebung, selbst im Sonnenstrahl,der in Proletarierelend fällt, die Schönheit der Schöpfungwiederfindet.

Was kann der Mensch im Leben mehr gewinnen,

Als daß sich Gott-Natur ihm offenbare,

Wie sie das Feste läßt zu Geist verrinnen,

Wie sie das Geisterzeugte fest bewahre." (Goethe.)

*

Die Stadtflucht zurück auf das Land, Wochenendhaus undKleingarten, Eigenheim und eigene Scholle, ländliche Neben-beschäftigung des Industrievolkes, Randsiedlung und Garten-stadt, Übergang Einzelner und ganzer Schichten von Städternund Intellektuellen zum gärtnerischen oder landwirtschaft-lichen Hauptberuf, Arbeitslager und Arbeitsdienst Jugendlicherund Arbeitsloser unter freiem Himmel in ländlicher Lage,Ferienreisen von Industriearbeitern in die Berge, an die Seeund auf der See, das Landjahr schulentlassener Stadtkinder,die Auseinanderfaltung der Großstadt und die Durchsiedelungdes platten Landes mit Hilfe des Kleinautos, die wechselseitigeDurchsetzung und Befruchtung von Handarbeit und Kopf-arbeit alle jene Wege und Strebungen zurück zur Naturbegrüßen wir als hoffnungsvollste Zeichen der Zeit: Früh-lingsahnen! Wir fördern sie zunächst im eigenen Dasein, sodannnach unserem Können für die Volksgenossen und Hand inHand mit dem Neuen Staate.

Solchem Umbruch wird eine naturnahe und boden-ständige Kunst erwachsen, welche von handwerklichem Könnenzur Gottesschau aufsteigt. So hat Meister Hans Thoma als

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