Hirtenbub einst von den Höhen des Schwarzwalds in das Tal derHeimat geschaut. Ländlichen Sinnes und handwerklicher Schu-lung hat er die Herrlichkeiten der Schöpfung, die er als Knabeerfühlte, in den Werken des Mannesalters geschildert, um seineLaufbahn mit den Gesichten religiösen Tiefsinns abzuschließen.
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Diese Dinge haben nichts zu tun mit dem christlichenDogma, um so mehr mit dem Leben jesu. An der äußerstenPeripherie des damaligen Kulturkreises geboren, wuchs Jesus inNaturnähe auf. In handwerksmäßiger Arbeit geschult, liebteer die Einsamkeit der Wüste, nicht als Ort des Schreckens,sondern die im Blumenschmuck des Frühlings prangendeSteppe. Hier überwand er den Teufel. Hier vergeistigte er dastägliche Brot durch den begleitenden Gottesgedanken, ver-weigerte er das Wunder als Beleg seiner Erwähltheit, ver-schmähte er die Herrschaft der Welt um den Preis des Satans-dienstes. Hier bewunderte er die Lilien auf dem Felde, hiergesellte sich ihm das Getier und dienten ihm die Engel. Wirkönnen Jesus nicht als Großstädter vorstellen, wie berühmteKirchenväter es waren, als einen Alexandriner, Karthager oderRömer. Um seine Krippe stehen Ochse, Esel, Lämmer undHirtenvolk.
In der großen, unbegrenzten Natur sammelte Jesus „betendund fastend" die überquellenden Kräfte, mit denen er, dergrößte Heiler aller Zeiten, zur friedlichen Welteroberung aus-zog. Wir können ihn nicht anders denken, denn als strahlenden,vollkr äftigen J üngling, der—das Apostel wort vorwegnehmend—Gott wie mit seiner Seele, so mit seinem Körper verherrlichte,durch dessen gläubige Berührung der Sieche in vielen FällenHeilung fand. (Lukas 6, 19.)
Das Leben Jesu ist umwoben von Kunst, die nichts höheresbildet als die Mutter mit ihrem Kind, die makellose Gottes-mutter mit dem Knäblein des großen, mitleidvollen Heiland-auges.
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