IV. Der Dämon
Nach alt-arischer, wie christlich-abendländischer Vorstellungsteht der Mensch im Kampfe zweier Welten: des Lichtesund der Finsternis, des Guten und des Bösen, Gottesund des Dämons. In diesem Kampfe gibt es keinen Vergleich,kein Ja und Nein, sondern nur ein hartes Entweder-Oder. Nachdem Glauben des Christen ist dieser Kampf für die Menschheitendgültig entschieden durch die Menschwerdung Gottes in Jesu.Aber jeder einzelne Mensch steht noch einmal vor der letztenFrage, die sein persönlichstes Schicksal entscheidet, zu wählenzwischen dem ewigen Ja und dem ewigen Nein — zu wählenin Freiheit.
Nach der Zeitvorstellung, der Jesus folgte, belebt und ver-vielfältigt sich der Kampfplatz: auf der einen Seite das Stufen-reich der seligen Geister, die Gottes Welt und Gottes Willen be-jahen, die dem Menschen als Gottes Boten, „Engel ", nahen undzum Thron des Höchsten auffluten. Auf der andern Seite dieWelt des Bösen, der von Gott abgefallenen Geister, die demMenschen Fallstricke legen, bis hinunter zum Herrn der Teufel,zu Satan, dem Nein schlechthin. Wie dem auch sei — hiersprechen nicht Beweisgründe, sondern Erlebnisse —, wedergütige Engel noch versucherische Teufel entheben den Men-schen der letzten Frage: Ja oder Nein?
Der Böse reizt und lockt; er überwindet die Trägheit als dasUrlaster des Menschen. Welch bewegende Kraft ging aus vonMammon und Luxus, Machthunger und Gaumenkitzel! Wiehaben Kapitalismus und Konquistadorentum, Kriegs- und Mä-tressenwesen (Sombart ) die Wirtschaftsgeschichte vorwärts ge-trieben! Irrtum und Sünde können Stufen zur Wahrheit undHeiligung werden. Die göttliche Gnade entfaltet sich im ge-schichtlichen Fortschritt, der in Spiralen geht, oft auf Umwegenund Irrwegen. Der Teufel „reizt und wirkt"; wider Willen mußder Zerstörer aufbauen, „schaffen".
Die göttliche Gnade, welche selbst den Teufel sich dienstbarmacht, findet ihre Grenze an der menschlichen Freiheit. Das
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