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Zur Wiedergeburt des Abendlandes / von Gerhard von Schulze-Gaevernitz
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künftigen Enttäuschungen sofort fragen sollten, was für einGutes als Endergebnis wohl darin verborgen sein möge. Brei-teste Strecken des allgemeinen Weltgeschehens bleiben im Dun-kel liegen. So fragte das 18. Jahrhundert: warum im Lissaboner Erdbeben an einem Tage tausende Unschuldiger ihr Lebenlassen mußten? Diese Frage wiederholt sich heute bei jederAuto-, Eisenbahn- oder Bergwerkskatastrophe, vor allem beijedem Todesfall einer hoffnungsvollen und unvollendetenJugend. Gottes Wege sind nicht unsere Wege, und dasLeben auf dieser engen Erdenscholle begreift nichtden Kreis des Daseins überhaupt. Gott bedarf der auf-strebenden Geister vielleicht in anderen Welten. So sagteGoethe bildhaft auf dem Nachhausewege von Wielands nächt-lichem Begängnis: er wundere sich, auf welchem dieser strah-lenden Sterne der erleuchtete und liebenswürdige Geist Wie-lands seine Werkstatt aufschlagen werde.

Ich glaube an Gottes Heilsplan mit mir in Freud und Leid:Sonne Wonne, Regen Segen! Ich glaube an Gottes Heils-plan mit meinen Lieben, mit meinem Volke, mit der Mensch-heit, mit der Welt. In Tagen der Prüfung und der Heimsuchunggedenken wir des Meisters, der in der Stunde des Zusammen-bruchs aller irdischen Hoffnung das Kreuzeswort sprach:Esist vollbracht", d. h. wörtlich:Das Ziel ist erreicht" unddas Gottesreich war in eben dieser Stunde begründet, seinLebenswerk vollendet.

Als Werkzeug in Gottes Hand, lernen wir stillzuhalten,wie Er will. Wenn wir durch Eigenwollen seiner Hand ent-gleiten, muß Gott uns durch Versagung unserer ungestümenWünsche in seine Bahn zurückleiten. Wildes Wollen ver-eitelt unsere Hoffnungen. Wirkt Gott durch uns, so ge-schehen Wunder, unbegehrt!

Was gewesen, werde stille,

Stille, was dereinst wird sein.

All mein Wunsch und all mein WilleGeh in Gottes Willen ein.

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