Print 
Volkswirtschaftliche Studien aus Rußland / von Gerhart v. Schulze-Gävernitz
Place and Date of Creation
Page
12
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 
  

westeuropäische Artillerie und Taktik zu bekämpfen hatte.Kurze Zeit darauf befahlen die ebenfalls mit westeuropäischerTechnik ausgerüsteten Polen in Rufsland, und der Kreml vonMoskau erhielt damals eine polnische Garnison. Es fehltewenig, so wäre Rufsland eine Provinz des Westens geworden,wie etwa Indien, Centraiasien u. s. w. Aber Rufsland sollte denWeg gehen, den neuerdings Japan eingeschlagen hat: poli-tische Unabhängigkeit durch Annahme der militärischenTechnik des Westens.

In einem populären Aufstande gegen die Polenherrschaft1612 wurde die Monarchie der Romanoffs aufgerichtet. Die-selbe wandte sich abwehrend und erobernd nach aufsen,einigend und unterwerfend gegen die adlige Zerplitterung imInnern.

Die militärische Technik Westeuropas in grofsem Mafs-stabe nach Rufsland übertragen zu haben, war das WerkPeters; ihr diente der Staat, ihr sein Merkantilismus. Hier imOsten ist der militärische Zweck Selbstzweck des Staates;die Kriege hatten nicht den Charakter der Handelskriege,wie im Westen.

In seinem gründlichen Werke über das FinanzsystemPeters des Grofsen hat Miljukoff gezeigt, wie sehr die Her-stellung eines Heeres und einer Flotte nach westeuropäischemMusterdie bewegende Ursache aller Neuerungen auf demGebiete der Staatswirtschaft war." 1 In dem Budget von 1701machen die Ausgaben für militärische Zwecke 78 pCt. aus,während der nächsthöhere Posten auf Finanzoperationen undmerkantilistische Mafsregeln fällt, welche doch zuletzt wiederdem militärischen Zwecke zu dienen hatten. Dieses Verhältnisstieg immer weiter, bis 1705 die militärischen Ausgaben 96pCt.der Staatseinkünfte verschlangen. 2

Der militärische Zweck des Staates aber konnte nichterreicht werden durch dieselben Mittel, welche die west-europäische Monarchie anwandte: durch eine geldwirtschaft-

1 Miljukoff a. a. O. S. 166.

2 Miljukoff a. a. 0. S. 162, 234.