Druckschrift 
Volkswirtschaftliche Studien aus Rußland / von Gerhart v. Schulze-Gävernitz
Entstehung
Seite
25
Einzelbild herunterladen
 

orte, insbesondere Mittelpunkt der Kattundruckerei und Sitzzahlreicher wohlhabender Fabrikanten wurde; bis 1861 ge-hörte das Dorf dem Grafen Scheremetjeff eigentümlich. DieBauern - Fabrikanten kauften und verkauften Land undLeibeigene für ihre Fabriken, konnten jedoch als Un-freie nur im Namen ihres Herrn diese Rechtsgeschäfte ab-schliefsen. Jedes einzelne ihrer Geschäfte bedurfte der Be-stätigung des im Orte ansässigen gutsherrlichen Verwalters,welcher davon eine Abgabe erhob nach dem Werte des Ob-jekts. Fabriken, Maschinen und Arbeiter gehörten rechtlichdem Herrn.

Der Herr hatte ein Interesse daran, dafs die Industrie möglichstunbehindert sich entfalte. Aufser den angeführten Gebühren erhober einen regelmäfsigen Obrok (Kopfsteuer), welcher die gewaltigeHöhe von 7587 Rubel das Jahr pro verheiratetes Paar er-reichte. Für die ärmeren Gemeindegenossen entrichteten dieseAbgabe die reichen Bauern-Fabrikanten, welche dafür das Rechterhielten, ihre Mitleibeignen als Fabrikarbeiter zu beschäftigen.Aufserdem besafs der Grundherr noch andere Mittel, sich denindustriellen Reichtum seiner Leibeignen zu nutze zu machen.Reiche Fabrikantentöchter zahlten, wenn sie aus dem Kreiseder Gemeindemitglieder hinaus heiraten wollten, wodurch dasgrundherrliche Eigentum an ihrer Person verloren ging,10 000 Rubel und mehr. Nicht weniger (bis 30 000 Rubel)hatten die Fabrikantensöhne zu zahlen, um sich der Militär-pflicht zu entziehen, die der Gutsherr ihnen auferlegenkonnte.

Dagegen wurde das Verhältnis drückend, wo es sichum die Ablösung handelte. Nur in seltenen Fällen gelanges einzelnen Fabrikanten, für sich und ihre Nachkommendie Freiheit zu erkaufen, worauf der Herr wenig bereit-willig einging. Die Fabrik und das zugehörige Land bliebaber auch dann im Eigentum des Herrn; die Freigelassenenhatten die Gebäude und Maschinen nunmehr von ihremfrüheren Herrn zu mieten. Bei der Bauernbefreiung gingendie Fabriken nicht ohne weiteres in das Eigentum derBefreiten über, vielmehr war hierzu eine besondere Ablösung