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Volkswirtschaftliche Studien aus Rußland / von Gerhart v. Schulze-Gävernitz
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erforderlich, deren juristische Komplikationen Garelin be-schreibt x .

Aber auch bei Leibeigenen, welche Fabrikarbeiter waren,erwies sich ein ähnliches Verhältnis als vorteilhaft, wie beileibeigenen Fabrikanten. Der Herr begnügte sich mit einerfesten Geldabgabe, Obrok, und der Arbeiter vermietete sichauf Grund eines freien Arbeitsvertrages. Diese Obrokbauern,bei denen nurmehr die gutsherrliche Abgabe an die Unfrei-heit erinnerte, bildeten in den vierziger Jahren unseres Jahr-hunderts bereits einen wichtigen Bruchteil aller Fabrikarbeiter.Bezeichnenderweise entstammten sie gröfsenteils der Klasse derGutshörigen, nicht der Domänenbauern, weil die Gutsherrenihr Menschenmaterial energischer nach gröfstmöglichem Gewinneausnutzten, als der Millionen von Leibeigenen besitzende Staat.

Im allgemeinen galt diese Klasse von Arbeitern fürweniger widerspenstig, als die lediglich dem äufseren Zwangegehorchenden Leibeigenen. Man verwendete sie mit Vor-liebe zu allen feineren Vex-richtungen. So wurden z. B. diegroben Soldatentuche, bei denen man auf festen Absatz anden Fiskus rechnen konnte, fast ausnahmslos mit unfreierArbeit in gutsherrlichen Fabriken hergestellt; für feinereTuche, zu deren Anfertigung man in der ersten Hälfte unseresJahrhunderts überging, und die ihren Markt sich selbst suchenmufsten, verwendete man dagegen Arbeiter, welche von ihremHerrn auf festen Obrok gesetzt worden waren, im freienArbeitsvertrag. Auf solcher Arbeit beruhte von vornhereindie Baumwollindustrie, weil in ihr die teueren englischen Ma-schinen unfreien Händen nicht anzuvertrauen waren, und dieHandarbeit in dieser verhältnismäfsig modernen Industrie nieden Umfang besafs, wie in dem älteren Tuch- und Leinen-gewerbe 2 . Der Fabrikant Kosnoff berichtete 1803, dafs solcheArbeiter ein Gewebe gegebener Länge für 9 Rubel herstellten;wenn er dasselbe Gewebe mit gekauften Arbeitern herstellen

1 Vergl. Garelin, Die Stadt Ivanowo Wosnesensk. Schuja 1884,I S. 114, 166-, II 7 ff.

2 Tugan-Baranowski a. a. 0. S. 43, 44, 81, 90.