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besäeten Fläche des Bezirkes ist allein mit Weizen bestellt,welcher auf der Nikolajeffschen Bahn den Schwarzen Meer-häfen zufliefst.
Diese Marktproduktion führt zu rücksichtsloser Aus-dehnung des Getreidelandes unter Ausraubung der Boden-kräfte. Mit der Dreifelderwirtschaft hat der Kosak dieregelmäfsige Brache aufgegeben; er bebaut das Land ununter-brochen. Das einzige Mittel, um das Land zu erholen undzu reinigen, ist der Buchweizen, der vor der Winterfruchteingeschoben wird. Ein bestimmter Fruchtwechsel existiertnicht.
In der That wird der Schwarzerde oft Unglaublicheszugemutet. Nicht selten säet man sofort auf den Sommer-weizen den Winterroggen, wobei die Saat vielfach noch imOktober vorgenommen wird. Reicht die Zeit nicht zur Be-stellung, so wird der Roggen ohne vorgängiges Pflügen aufdie Stoppel gesäet und die Saat mittels der eisernen Eggenur oberflächlich mit Boden bedeckt. Die meisten der zahl-reichen Maschinen, welche eingeführt werden, haben ähnlichwie bei den deutschen Kolonisten nur die Ersparnis vonArbeitskräften zum Zweck, nicht die intensivere Bearbeitungdes Bodens. Allenthalben findet man bei den wohlhabendenKosaken Dreschmaschinen, Sortiermaschinen und Mähmaschinen.Der Bukker, jener mehrscharige Pflug, taucht auf, welchereine weit gröfsere Fläche in gleicher Zeit zu bepflügen er-möglicht, als der sonst übliche kleinrussische Pflug, aber auchmehrere Paar kräftiger Zugochsen erfordert. So technischunvollkommen die geschilderte Bodenbearbeitung ist, so hatsie zeitweise schöne Überschüsse abgeworfen — ein Beweisdafür, dafs das technisch Vollkommenere keineswegs immerdas wirtschaftlich Vorzuziehende ist.
Jedoch zeigt sich hier, was sich anderwärts gezeigt hat:auch die köstlichste Schwarzerde ist nicht unerschöpflich;insbesondere ist hierfür ein Beweis die Unmöglichkeit, Winter-weizen auf Feldern anzubauen, welche längere Zeit hindurchdem Getreidebau gedient haben, ohne gedüngt zu werden.Auch hier wieder geht die energische Kosakenbevölkerung