Druckschrift 
Volkswirtschaftliche Studien aus Rußland / von Gerhart v. Schulze-Gävernitz
Entstehung
Seite
593
Einzelbild herunterladen
 
  

593

Pud Getreide zugeführt Schätzung einer landwirtschaftlichenZeitschrift h

Jede Verbesserung der Verkehrswege, vor allem jedeengere Maschung des Eisenhahnnetzes mufs die Markt-produktion des Getreides auch im europäischen Kufsland nochbeträchtlich steigern.

Produzent des zur Ausfuhr gelangenden Getreides ist zurZeit noch vorwiegend der adlige Grofsgrundbesitz. Wir sahenoben, wie der Grofsgrundbesitz vom kaufmännischen, aufMarktproduktion specifisch angewiesenen Unternehmertum an-gebröckelt wird. Wichtiger noch: auch auf dem Boden desbäuerlichen Betriebes ist die Ausbildung vonÜberschufs-wirtschaften" die wichtigste Aufgabe aller Agrarpolitik. Wirsahen zugleich, wie der Staat die natürliche Entwicklung, diein dieser Richtung bereits liegt, fördern mufs: der Port-bestand eines naturalwirtschaftlichen Bauernproletariats ist mitden staatlichen Machtinteressen auf die Dauer unvereinbar. DaRufsland aber vorwiegend Bauernland ist, so ist ersichtlich,wie sehr diese Entwicklung der Getreideausfuhr zu Hilfekommen mufs.

Auch jede Verbesserung der Volksbildung fördert dieproduktiven Fähigkeiten der bäuerlichen Bevölkerung, alsodie Marktproduktion des Getreides.

Die Technik der Landwirtschaft ist zur Zeit noch einesehr niedere. Die herrliche Schwarzerde, welche mit den bestenTeilen Deutschlands, z. B. der Magdeburger Börde , den Ver-gleich aufnimmt, ist noch wenig auf ihre Ertragsfähigkeit aus-genutzt; ihre unteren Schichten sind wegen zu niederer Pflügungnoch unberührt. Von der Ackerfläche Rufslands liegen all-jährlich noch ungefähr 40%60°/o Brache 2 , während dieAckerfläche selbst nur etwa 40% des gesamten Landareals

1 Chosjain 1896, S. 783.

2 Im Gebiete der Steppenwirtschaft noch mehr; nach Schischkin, Landwirtschaftslehre II. Teil, S. 12/13 ist daselbst nur V-i 1 /s der Acker-fläche bebaut.

v. Schulze-Gaevernitz, Studien a. Rufsl. 38