Die oppositionelle Poesie.
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Zu scheu, der neuen Zeit ins Aug' zu sehn,Zu beifallslüstern, um sie zu verachten,Zu hochgeboreu, um sie zu verstehn
traf wirklich den Nagel aus den Kopf.
Noch war das junge Deutschland auf dem Plan, und Heines „Atta Troll" und „Deutschland . Ein Wintermärchen" sind ebenin diesen Jahren erschienen. Aber auch in seiner Brust wohntenzwei Seelen: und ebenso wandten sich andere seiner jüngerenFührer wie Gutzkow und Laube, reifer und ruhiger geworden,von dem unmittelbaren Eingreifen iu die Politik des Tagesab uud suchten, uuter Festhaltung freiheitlicher Tendenzen — mandenke nur an Uriel Acosta — soweit sie das vermochten Blei-bendes zu schaffeil uud uamentlich die Bühne in realistischemSinn zu beeinflussen uud zu heben. Mit „Zopf und Schwert" und„dem Urbild des Tartüffe" hat Gutzkow , mit den „Karlsschülern"hat Laube das deutsche Theater wirklich bereichert. Radikaler wardie Hegelsche Linke gebliebeil, soweit sie in den Halleschen Jahr-büchern zu Worte kam. Namentlich als diese in Preußen verbotenwurden und unter dem Titel „Deutsche Jahrbücher" nach Dresden Übersiedelteil, wurde ihre Sprache immer leidenschaftlicher undheftiger, bis sie auch hier unterdrückt wurden uud Rüge nun vonParis und mit Julius Fröbel zusammen von Zürich aus inFlüchtliugsstimmnng eine wahrhaft revolntionäre Propaganda dnrchbnchhändlerische Thätigkeit organisierte. Es war überhaupt eineZeit voll Kritik. Ganz besonders ist Berlin damals die kritischeStadt gewordeil, die es bis zur Stunde geblieben ist. Allenandereil zuvor thaten es hierill „die Freien bei Hippel", die sichum den eben ^erst vom akademischen Lehramt entfernten BrunoBauer scharten und die radikalsteil der Radikaten wie die beidenBrüder Bauer oder Kasspar Schmidt (Max Stiruer) zu ihreuMitgliedern zählten. Es war eine ätzende, alles zersetzende, nichtsverschonende Kritik, die hier geübt wnrde, nnd auch der Ton diesesKreises entsprach in seiner Würdclosigkeit und Wüstheit der Zügel-lvsigkeit der Gedanken.
Kaum minder schrill, wenn auch formell unanfechtbar warendie Töne, welche von der Schweiz herüber ein junger Schwabe,