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[Hauptw.] (1850) Von dem Erscheinen des ersten Meß-Kataloges im Jahre 1564 bis zu der Gründung des ersten Buchhändler-Vereins im Jahre 1765
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n. Die Geschichte der Meß-Kataloge.

Daß die Presse bereits unmittelbar nach Erfindung der Buch-druckerkunst den Absatz ihrer Produkte auch durch Umherführung der-selben (Buchführer) suchte, ist ebenso in dem Wesen der damaligenVerkehrsverhältnisse begründet, als durch bestimmte Zeugnisse festge-stellt^). Wie nahe lag es nun, daß dieser auswärtige Verkehr be-sonders nach den vorzüglichsten Meßorten, namentlich für deren Meß-zeit, sich hinwendete und bald eine regelmäßige Gestalt dort ge-wann. So finden wir denn in Frankfurt , dem süddeutschenMeßplatze, von dessen Weltberühmtheit schon frühe die glänzendstenZeugnisse vorliegen'"), bereits 1485 einen Büchermarkt in vollemGange, während des norddeutschen Hauptmeßplatzes Leipzig , alseines Büchermarktes, im Jahre 1514 die erste bekannte Erwähnunggeschieht. Auf diese beiden Orte lagerte sich nun der Hauptverkehrdes deutschen Buchhandels. Wie aber Süddeutschland früher weit-überwiegend durch seine literarische Kultur war wir erinnern sürdas 13. Jahrhundert und einen Theil des 16. Jahrhunderts nur andie Ofsicinen von Mainz, Straßburg, Köln, Basel, Augsburg, Nürn-berg, Ulm -c. und seine nähere Verbindung mit Italien, Frankreich ,den Niederlanden, während Norddeutschland nur mit Leipzig, Erfurt und Lübeck einigermaßen dagegen in die Schranken treten konnte,so war auch der literarische Meßverkehr Frankfurts ein den Leipziger Markt bei weitem überwiegender. Erst nachdem im Folge der Re-formation die Kulturwanderung des deutschen Geistes nach dem Nor-den begann, entzog, wiewohl nur sehr allmählig und erst, wie Ebcrtangiebt, gegen die 1680ger Jahre mit Bestimmtheit, Leipzig derSchwesterstadt Frankfurt die Suprematie; ja bei dem Ablaufe derersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war Frankfurt so herabgesunken,daß selbst der dortige Meß-Katalog mit dem Jahre 174S zu er-scheinen aufhörte.

Aber auch ein anderer Umstand, übrigens mit jener Hauptur-sache im inneren Zusammenhange stehend, wirkte zu dem Verfalledes Frankfurter Bücherverkehrs. Die jesuitische Politik des Kaiser-lichen Hofes hatte schon unter Karl V. jenen Kampf gegen die Frei-heit der Presse begonnen, welcher von den Nachfolgern des genann-ten Fürsten, nur mit Einer späten ruhmwürdigen Ausnahme, unab-lässig fortgeführt worden ist. Wie nahe lag es, daß der Blick derkaiserlichen Rathgeber auf den literarischen Hauptverkehrsort, nachFrankfurt sich richtete; und wie eifersüchtig auch die Obrigkeit derfreien Reichsstadt, in welcher sehr bald eine kaiserliche Bücher-Com-mission niedergesetzt wurde, die eigene Autorität und die volle Frei-heit des Meß-Platzes unangetastet zu wahren bemüht war, die kaiser-liche Macht überwog je länger, je mehr zum Ruine jenes edeln Ver-

9) Wir kennen die Reise Faust's nach Paris zum Verkaufe seiner Bibeln.Außerdem eristiren noch aus frühester Zeit mehrere buchhändlcrische Verkaufs-anzeigen auf einzelnen zum Anschlagen bestimmten gedruckten Blättern, durchwelche Kauflustige in die Herbcrg (daS Iiosxitinm), wo sich der reisende Buch-führer befand, eingeladen werden. Das älteste dieser Blätter scheint um dasJahr 1470 zu fallen und einer Straßburger Officin anzugehören, um dieJahre 1472 und 1474 fallen zwei Ankündigungen der Augsburgischen DruckerGünther Zainer und Johann Bämlcr (vgl.Ebert'sVorredezuKayser'SBücherkunde. S. IV. fg.), ferner giebt die SchriftAugSburg'S ältesteDruckdcnkmale ic. von Mezger. AugSb. 1840" S. 7 fg. den Abdruck einersolchen Anzeige von dem Augsburger Buchdrucker Anton Sorg und Prof.Rcuß in Würzburg theilt im Seraveum Jahrgang 1845. Nr. 12 eine la-teinische gedruckte Buchhändleranzeige, welche dem Einbande eines Vascieuwstemporum, Loloniae 1479. Fol. angeklebt war, mit. Vgl. auch den ange-führten Artikel von Ebert in der Ersch-Gruberschen Encyclopädie.

I») Die Frankfurter Messen wurdendas Haupt aller Jahrmärkte auf Erden",der kleine Inbegriff der Welt",das Kaufhaus der Deutschen" ge-nannt. Vgl. Kirchner'S Geschichte der Stadt Frankfurt. I. Theil. Frank-furt 1807. S. 557.

kehrszweiges.") Das Archiv der Stadt Frankfurt enthält unter derRubrikBücher-Inspektion" schätzbare und interessante Beiträge zurDarstellung auch jenes Verhältnisses.^) Der gefälligen Vermitte-lung eines werthen Freundes, des dortigen Archivar Dr. Hertzogverdanke ich einen Einblick in diesen literar-historischen Fundort,dessen Schätze während meiner Betheiligung an dem Reichstage inFrankfurt ich leider nur in wenigen Mußestunden benutzen konnte,dessen sorgfältige Ausbeutung aber anderen Bearbeitern jenes Gebie-tes unter zu »erhoffender gewohnter Liberalität der dortigen Ver-waltung angelegentlich empfohlen sein mag.

11) Zur Bestätigung des im obigen Satze Gesagten dienen die verschiedenen Er-lasse ^in Bezug auf Buchdruckerei und Buchhandel im Reiche, (u. a. abgedrucktinDer so nöthig als nützlichen Buchdruckerkunst und Schriftgießerei" 2.TH.Leipzig 1740). Von dem Verfahren des Kaiserlichen Hofes und der Jesuiten gegen die Presse aus den Jahren 1567 und 1576 erzählt Kirchner 2. Th.S. 257 fgg. u. S. 293 fg. Die erstere Stelle bezieht sich auch ausführlicherauf Ccnsurverhältnisse.

12) So enthält daß Frankfurter Archiv u. a. einen (weiter unten vollständig mit-getheilten) Bericht des SyndicuS Schacher über .die Meß-Kataloge, vomJahre 1612, worin erwähnt wird, daß gegen Ende des 16. Jahrh,von et-lichen dahin practisirt werden wollen, daß ein E. Rath von Inspektion derBuchgassen gänzlich ausgeschlossen und solch Amt den Papisten und Jesuiten eingeräumt worden wäre", daß aberEinem E. Rath als der Obrigkeit dieObrigkeit und Censur, was allhier zu verkaufen, zu verbieten oder zu ge-statten, allein gebühre " und auchdie Jesuiten " bis auf diese Stunde nichtserlangt hätten. Bereits aber im Jahre 1616 hatte sich der Notar HeinrichKrön er, ein Kaiserliches Spccial-Privilegium sür den Meß-Katalog, wel-cher seit 1598 nur unter des Rathes Genehmigung erschien, zu verschaffengewußt und bald, schon im Jahre 1618 (s. die Verhandlungen darüber wei-ter unten) ging, wahrscheinlich wohl oder übel, das Kaiserliche Privile-gium auf den bisherigen Rathsdrucker SigiSmund Satomus über. Eben-falls in dem Frankfurter Archiv befinden sich zwei Bittschreibcn der Frank-furter Buchhändler an Reichs-Schultheiß und Schöffen vom 14. u. 15. April1671 um Verwendung gegen diebey Kaiserl. Kommission Se novo inten-tirte Tarordnung der Bücher", so wiegegen andere vermeinte Ordnun-gen" die Buchhändler betreffend, durch welche intentirte Ordnungeneindieser Siadt Freyheiten und hochprivilegirten Messen schädliches praejuckicium"zugezogen werden möchte. Bei Gelegenheit eines Konfliktes zwischen derKaiserl. Regierung und dem Bücher-Commissarius Sperling (in demFrankfurter Archiv Aktenstück darüber sul, sizn. ^»^.) beklagt sich in eineman den Kaiser gerichteten Schreiben vom I. 1672 der durch Kaiserl. Decretvnm sps tuturae «ucüessioiiis zum Adjuncten Sperlings ernannte MichaelBreunig von Mondfeldt, daß er trotz der desfallsigen Kaiserl. Decretevon 1667, 1669 und 1671 von jenem zur Adjunction nicht zugelassen sei unddaß Sperling auch seinen (des BreunigS) guten Namen undden seinesVetters, des ü>atris lZonraäi LreuniiiK der dioe. ^esu Priestern und Chur -fürstl. Maintzischcn Bcichtvattern" geschmäht habe. Da ein Kaiserliches Schrei-ben an Sperling v. 28. Sept. 1671 überdies erwähnt,sondern wir müssenauch andcrwerts hero von beglaubten Orthell vernehmen, daß Du Dich nitcntsehst in dem Bücher Kommissariat wieder das Kundbare vndt wissentlichherkommen vnzulässiger Disposition anzumaßen", so ist wohl anzunehmen,daß die Stadt Frankfurt in dem Schooße der Bücher-Commission selbst einMitglied derselben jenen jesuitischen Bestrebungen gegenüber für sich gewon-nen habe. Eine Geschichte des Bücher-CommissariatS wäre übrigen« sehrwünschenswerth. Am Schlüsse des Frankfurter Herbstmeß-Katalogs vom Jahre1720 befindet sich eine Admonition von Seiten des Kaiserlichen Bücher-Com-missariatS an die Buchhändler (s. dieselbe vollständig weiter unten), aus wel-cher zur Genüge hervorgeht, von welchem Geiste die Mandataricn des Kaiser «gegen den Büchergeist überhaupt erfüllt gewesen. (S. darüber auch den inNote 2 angeführten Aufsatz von O. A. Schulz. S. 249 fg.).

Bei Erwähnung des Frankfurter Stadt-Archives, dessen Aktenstücke überBücher-Jnspcction erst mit 1571 beginnen und für den Zeitraum des 16.Jahrh, übrigens sehr wenig zahlreich sind, sei hier aufmerksam gemacht aufeine dort in dem archivalischen Geschäftezimmer (in dem Lormis lexum 5rai>-coturtensium Tom. I. von I5Z41617. Xr. 49,) befindliche Buchdruckerord-nung unter dem Titel:Eines Erbarn Raths ernewerte Ordnung vnd Ar-tickel, wie es forthin «uff allen Truckcreyen in dieser Statt Franckfurtsoll gehalten werden. Getruckt durch Johann Säurn Slvxcvill."

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