Druckschrift 
1 (1838)
Entstehung
Seite
580
Einzelbild herunterladen
 

580

Minna von Barnhclni.

v. Tellheim. Ich brauche keine Gnade; ich will Gerech-tigkeit. Meine Ehre

Das Fräulein. Die Ehre eines Mannes, wie Sie

v. Tellheim. (hitzig) Nein, mein Fräulein, Sie werdenvon allen Dingen recht gut urtheilen können, nur hierübernicht. Die Ehre ist nicht die Stimme unsers Gewissens, nichtdas Zeugniß weniger Rechtschaffnen

Das Fräulein. Nein, nein, ich weiß wohl. Die Ehre ist die Ehre.

v. Tellheim. Kurz, mein Fräulein, Sie haben michnicht ausreden lassen. Ich wollte sagen: wenn man mirdas Meinigc so schimpflich vorcnthält, wenn meiner Ehre nichtdie vollkommenste Genugthuung geschieht; so kann ich, meinFräulein, der Ihrige nicht seyn. Denn ich bin es in den Au-gen der Welt nicht werth, zu seyn. Das Fräulein von Barn-helm verdienet einen unbescholtenen Mann. Es ist eine nichts-würdigc Liebe, die kein Bedenken trägt, ihren Gegenstand derVerachtung auszusetzen. Es ist ein nichtswürdigcr Mann, dersich nicht schämet, sein ganzes Glück einem Frauenzimmer zuverdanken, dessen blinde Zärtlichkeit

Das Fraulein. Und das ist Ihr Ernst, Herr Major?(indem sie ihm plötzlich den Rücken wendet) Franciska!

v. Tellheim. Werden Sie nicht ungehalten, mein Fräulein

Das Fräulein, (bev Seite znr Franciska) Jetzt wäre es Zeit!Was räthst du mir, Franciska?

Franciska. Ich rathe nichts. Aber freylich macht er esIhnen ein wenig zu bunt.

v. Tellheim. (der sie zu unterbrechen kömmt) Sie sind unge-halten, mein Fräulein

Das Fräulein, (höhnisch) Ich? im geringsten nicht.

v. Tellheim. Wenn ich Sie weniger liebte, mein Fräulein

Das Fräulein, (noch in diesem Tone) O gewiß, es wäremein Unglück! Und sehen Sie, Herr Major, ich will IhrUnglück auch nicht. Man muß ganz uneigennützig lieben.Eben so gut, daß ich nicht offenherziger gewesen bin! Vielleichtwürde mir Ihr Mitleid gewähret haben, was mir Ihre Liebeversagt. (indem sie den Ring langsam von, Finger zieht)