18

Die Entwicklung der Kant'schen Lehre von den apri-orischen Erkenntniselementen wird sich am besten nach demGesichtspunkte darstellen lassen, dafs wir in je einem Ab-schnitte die Anhänger und die Gegner dieser Lehre getrenntbehandeln. 1 ) Es soll damit nicht geleugnet werden, dafsbeide Parteien in diesem oder jenem mit einander überein-stimmen ; insbesondere wird es sich zeigen, dafs die Gegnerder Kant'schen Aprioritätslehre nicht durchweg allesApriorische in der Erkenntnis ablehnen. 2 )

I. Abschnitt.

Die Anhänger der Kant'schen Aprioritätslehre.

i. Karl Leonhard Reinhold .

Reinhold macht es sich zur Aufgabe, die Kant 'scheVernunftkritik schärfer zu begründen, als Kant selbst esgethan habe, indem er versucht, ihre Lehren aus einemobersten Satze abzuleiten. Zu diesem Behufe stellt er seinenFundamentalsatz des Bewufstseins auf: »Im Bewufstsein wirddie Vorstellung vom Vorstellenden und Vorgestellten unter-schieden und auf Beides bezogen.« Daraus ergiebt sich nachReinhold die Zerlegung der Vorstellung in den Stoff als das-jenige, was dem Objekte und in die Form, welche demSubjekte zukommt. 3 ) Es ist eine innere Bedingung der Vor-stellung, eine Form zu besitzen; das ergiebt sich auch ausdem Wesen des Vorstellens, welche Thätigkeit nichts anderes

') Mafsgebend für diese Einteilung ist die bewufste Stellungder betreff, Philosophen zu oder gegen Kant.

2 ) Vgl. M. Heinze, Ernst Platner als Gegner Kants . Progr.Leipzig . S. 14.

3 ) Versuch einer neuen Theorie d. menschl. Vorstellungsvermög.1789. S. 235.