Bismarck und die Renktwn,

479

der König eine starke Stellung, ausgedehnte Befugnisse, selbständigesRecht behauptet, daß die Minister nicht der Ausschuß der Majoritätdes Parlaments, sondern die Räte und Orgaue des Willens desKönigs sind. Man mag das loben oder tadeln, jedenfalls ist esdie Form, die einen lebendigen Anschluß der neuen verfassungs-müßigen Regierung an die alte Geschichte Preußens uud seiner ab-soluten Könige herstellte und damit auch den Königen selbst undweiten Kreisen des Volkes, die sich davon nicht trennen wollten,die Möglichkeit gewährte, in den neuen Formen heiniisch zu werdenund sür ihre lebendige Teilnahme Raum zu fiuden.

Die Widersprüche, in denen sich damals so scharfsinnige undsprachgewandte Politiker wie Stahl nnd Gerlach bewegten, spiegelndie Gegensätze wieder, die zu vereinigen waren, um der Theorie unddem Handeln der Konservativen Zusammenhang und Folgerichtig-keit zu geben. Es ist ihnen das nicht gelungen, sondern erst ihremjüngeren Genossen und größereu Nachfolger Otto v. Bismarck . DasFeld aber, auf dem Bismarck zunächst sich selbst von den überlebtenAnschauungen seiner Partei befreite, war die äußere Politik. AlsVertreter Preußens am Bundestage erkannte er, wie sinnlos undwie wahrheitswidrig es sei, daß die Feudalpartei Preußens Ehredurch den Anschluß an Österreich und Nußland zu sichern behauptete;er sah, daß dieser Anschluß thatsächlich eiue klägliche Abhängigkeitwar. Von hier aus und von der Erkenntnis ans, daß in der vonihm einst so lebhaft bekämpften Politik, die Deutschland unterPreußens Führung einigen wollte, der Grundgedanke richtig gewesensei, schritt er unter mannigfaltigen Kämpfen um Zollverein undum Kirchenhoheit zn der Überzeugung fort: daß Preußen nur inder Form des Verfassungsstaates die Kraft entfalten könne, diedeutscheu Staaten unter seiner Leitung zu sammeln, das Programmder Reichsverfassnng vom 28. März 1849 auszuführen. Er erlebtedie Wahrheit von Uhlands Prophezeiung, daß kein Haupt leuchtenwerde über Deutschland , das nicht mit einem vollen Tropfen demo-kratischen Öles gesalbt sei.

Österreich hatte nach Olmütz ein Übergewicht im deutschenBunde wie nie zuvor, uud auch die meisten Staatsmänner Preußeusbeugteu sich vor den Wünschen und Winken Österreichs . Aber Öfter-