490 Die Reaktion von 1850—1858, im besonderen in Preußen.
gelehnt, das die Ehescheidungen erschweren sollte, nnd zwar mit 173gegen 134 Stimmen. Unter den 173 Gegnern waren 50 Katho-liken, denen das Gesetz in dem Kampfe gegen die aus den: Geistder Aufklärung hervorgcgangenen Bestimmungen des Landrechtsnoch uicht weit genug ging. Damit trösteten sich Gerlach und ihreFreunde: die Majorität des Landtags habe doch die bestehendengottlosen Gesetze verworfen. Aber als nnn der König sich derNotwendigkeit nicht verschloß, den aus den kirchlichen Ansprüchen nndGegensätzen erwachseudeu Beschwerden und Notständen wenigstensdnrch eine Noteivilehe abzuhelfen, da gerieten die Freunde Gerlachsin eine fieberhafte Erregnng. Hierbei hielt auch Stahl zu ihnen,sprach davon, seine Stelle im Oberkirchenrat, der auf die Plänedes Königs einging, niederzulegen, ja selbst von dem Austritt ausder Kirche.
Ähnlich sah Gerlach darin eine Gefährdung dessen, was erFreiheit uaunte, und er sprach von dem Begehren des Königs inkirchlichen Dingen nach seiner Willkür zu verfahren, fast wie einRevolutionär. Man werde erleben, daß die Kirche dem Absolutis-mus eiuen ganz anderen Widerstand entgegensetzen könne als derelende Konstitntionalismns. Die ehrliche uud srische Natur desalternden Mannes tritt in diesen Ergüssen wohlthuend zu Tage,aber freilich, was er Freiheit nannte, war die Herrschaft einer kirch-lichen Gruppe, die der Theologie der Zeit wie dem Glaubenslebender evangelischen Gemeinden gleich fremd war. Die Sache be-schäftigte die Kreise des Hofes uud der höchsten Beamtenwelt sehrlebhast, und der König selbst war der Meinung, Ludwig v. Gerlachgehe darauf aus, das Ministerium zu stürzen. Aber die Gruppefühlte sich gar nicht in der Lage, au die Stelle Manteuffels zutreten, ihr Haupt sprach es April 1857 geradezu aus, „daß diegefürchtete Rechte dazu in keiner Weise gerüstet sei". Auch uochandere Fragen griffen in den Zwiespalt eiu, aber die kirchlichehatte ihm die Schärfe verliehen.