Roon und die Opposition. Schulze-Delitzsch .

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und die kleinen Gewerbetreibenden in diesem merkwürdigen Manneihren Retter und Helfer. Er hatte eine gewaltige Arbeitskraftund ein warmes Herz und er stellte sich mit einer Hingebung,die keine Schranken kannte, in den Dienst der Bedrängten. Un-zweifelhaft hat er auch vielen Einzelnen geholfen und hat diese inVorurteilen und engen Gedanken befangenen Kreise zum Nachdenkenaufgerüttelt und sie gelehrt, daß ihnen nicht geholfen werden könne,wenn sie sich nicht selbst helfen. Diese erzieherische Bedeutungvon Schulze-Delitzsch ist noch weit bedeutender, als seine übrigenssehr bedeutende praktische Wirksamkeit. Ob seine Gedanken originalwaren und ob sein System folgerichtig, das ist eine sast gleich-gültige Frage, denn jedes folgende System beweist die Mängel desVorgängers; sein Name war damals eine Macht und eine Machtvon hervorragender wirtschaftlicher und sittlicher Bedeutung. GroßeKreise des Bürgertums sahen in ihm ihr bestes Empfinden undStreben verkörpert. Deshalb war es ein unglückliches Unterfangen,daß Roon gegen diesen Mann und seine ans dem Frankfurter Schützenfest gehaltene Rede so schroff vorging, daß man im Volkedie Vorstellung faßte, Roon habe die Worte des Mannes verdreht,um sie angreifen zu können. Der Angriff fiel auf Roon zurückund steigerte die Vorstellung der Bürger, daß es sich bei all denKämpfen nur um einen Versuch der Junker handele, die Bürgerzu unterdrücken.

Freilich hatten in Frankfurt politische Redner aller Art mitdreisten Worten gespielt und den Beifall der Menge gesucht, aberim ganzen stellte das Fest doch eine großartige Kundgebung dernationalen Bewegung dar, und es bedürfte nur eines gewissenMaßes von Glauben an die Zukunft Preußens und Deutschlands ,um das zu spüren. Aber Roon hatte diesen Glauben nicht, erkonnte sich nicht vorstellen, daß auch im Lager der Liberalenlebendige Kräfte, Kräfte des Segens zu finden feien, er sah in derFrankfurter Begeisterung nichts alsSpektakel" und Demagogie,und im besonderen sah er in den liberalen Parteien Preußens nichts als Unverstand und bösen Willen, die er mit den Mittelnbrechen zu können glaubte, mit denen das Ministerium Manteuffelregiert hatte.