deren Untreue er auf diese Weise erfahren, umbringenund nahm die Gärtnersfrau zur Gemahlin."In Syrien soll das Urintrinken, um einen plötzlichenSchreck zu bannen, gebräuchlich sein 21 , während dieafrikanischen Dinka sich, wie Schweinfurth erzählt 22 ,täglich mit Rinderurin waschen. Auch bei den Es-kimos gilt Urin als hochgeschätzte Flüssigkeit, undbei Tische zu pissen, erscheint ihnen ebensowenig wieden alten Römern ekelerregend. Und diesem Beispieleiferten noch im vorigen Jahrhundert deutsche Stu-denten nach, die, um nicht vom Tisch aufstehen zumüssen, sich darunter hatten einen Trog machen lassen,in den sie nun ihr Wasser abschlugen, ohne sich zuerheben 23 . Und die Gräfin Lulu von Thürheim be-richtet in ihren Memoiren 2 *: „Mein Vater erzählte miröfters, daß in seiner Jugend der Kapuziner so ziem-lich die Rolle des ehemaligen Hofnarren eingenommenhabe. Beim Fürsten Schwarzenberg hatte er gesehen,wie sich im Momente, als der Kapuziner das Tisch-gebet vollendete, ein Bächlein unterhalb seines Stuhlessich ergoß. Solchergestalt waren die Spässe im acht-zehnten Jahrhundert in Österreich ."Daß auch heute noch viele Naturdoktoren lediglichaus dem Urin die Art der Krankheit erkennen unddanach ihre Diagnose stellen, ist ja bekannt, und auchdie zünftige ärztliche Wissenschaft geht daran nichtachtlos vorüber. Daß aber ein Arzt den Urin des Kran-ken auch kostet, dürfte wohl eine Fabel sein. Eine
21 Bernhard Stern, Medizin, Aberglauben und Geschlechtsleben inder Türkei, Berlin 1903, I, S. 21 1\.
22 Ebenda, S. 20C.
23 Kaspar Risbeck, Briefe eines reisenden Franzosen über Deutsch-land an seinen Bruder zu Paris. 2. A. 178/4, I, S. io5.
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