Druckschrift 
Karl Helfferich zum Gedächtnis : [Reden am Sarge in Mannheim am 30. April 1924]
Entstehung
Seite
26
Einzelbild herunterladen
 
  

ein Erstlingswerk den dunklen Schleier zerriß, der über einemwissenschaftlichen Stoffe bis dahin schwebte. Ein kleinesHestchen nur, das Werk überDeutschlands Volkswohlstand",das er im Jahre 1914 erscheinen ließ; aber die Zahlen, dieer darin gab, sind Anfang und Ende aller Betrachtungen ge-worden, die seitdem bis zum heutigen Tage über unser Volks-vermögen und unsere Leistungsfähigkeit angestellt worden sind.Wenn Helfferich Zahlen gab, so waren es nicht nüchterneoder gar tote Zahlen; sie lebten und webten, sie sprachen eineflammende, ja wo es sich um Anklagezahlen handelte, einefurchtbare Sprache. Man sollte meinen, daß die schriftstellerischeFruchtbarkeit Helfferichs in den Jahren seiner politischen Sturm-und Drangperiode von 191? ab aufgehört oder abgenommenhätte; aber dieser Publizist von Gottes Gnaden, demdie Gedanken spielend zuflössen, kannte nicht Rast noch Ruhe,sein großes Werk über den Weltkrieg, das geschöpft war ausder Fülle von lebendigen Eindrücken, wie sie nur einem Mannein Helfferichs Stellung und von Helfferichs übermenschlicherArbeitskraft zuteil werden konnten, das er mit seinem Herzblutgeschrieben hat als wuchtige Verteidigungsschrift in eigenerSache, gibt wohl die erschöpfendste und sicherlich eine deranschaulichsten Darstellungen des gewaltigen Geschehens jenerZeit. Und dann die liebenswürdigste seiner Schöpfungen,die Erinnerungen an seinen Schwiegervater, Georg vonSiemens, die keineswegs, wie sie Helfferich selbst betitelt hat,nur ein einfachesLebensbild aus Deutschlands großer Zeit"bedeuten, sondern zugleich ein gewaltiges Stück aus Deutsch-lands großer Wirtschaftsgeschichte brachten. Wenn wir heuteangesichts der Totenbahre mit Vorliebe mit den rein mensch-lichen Zügen des Verstorbenen uns beschäftigen, wie mußes uns dann sympathisch berühren, wie er hier die Kunst übt,sich der Ideenwelt eines anderen anzupassen, wie er die schöpfe-rische Gestalt des Oberhauptes der Familie seiner angebetetenGattin herauswachsen läßt, wie er mit so hingebender Liebe

26