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Karl Helfferich als Währungspolitiker und Gelehrter : Erinnerungen / von Karl von Lumm
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daß er fleh mir gegenüber in einem feiner Briefe als Huhn,das eine Ente ausgebrütet hat, bezeichnete*).

In allen Schriften Helfferichs ift die volkswirtfchaftlicheBeweisführung von eindringlicher Schärfe und großer An=fchaulichkeit. Bei aller Verfchiedenheit der Meinungenund bei dem lebhaften Streit über die WährungspolitifcheEntwicklung fuchte er auf Grund einer Würdigung derEreigniffe und der Begleitumftände zunächft den Tatbeftandvöllig objektiv und unparteiifch feftzulegen und klarzuffcellen.Aber Objektivität und Unparteilichkeit allein haben keinerleiZugang zu den Dingen. Sie reichen nicht aus, um in dasInnerfte einer Sache vorzudringen. Und fo verzichtete erdurchaus auf jene billige Unparteilichkeit, die in der Scheuvor jeder präzifen Meinungsbildung und Meinungsäußerungbefteht und deren höchffcer Stolz die Neutralität zwifchenWahr und Falfch ift**). Deshalb hielt er auch in feinenbeiden wiffenfchaftlichen Hauptwerken niemals mit feinemeigenen Urteil zurück, das zu allen Problemen in ein=deutiger und beftimmter Weife Stellung nahm und daser mit zwingender Logik und feltener Überzeugungskraftzu begründen wußte. Größte Objektivität in der Dar=fbellung der Vorgänge und Tatfachen bildete die fiebereBalis feines durchaus fubjektiven Werturteils, das feinerBeweisführung eine perfönliche Note gab. In diefem Sinnegalt für ihn das Wort des dänifchen Philofophen SörenKierkegaard :Subjektivität ift die Wahrheit". So fehrer aber feine eigene Stellungnahme betonte, fo vermieder es doch in feinen wiffenfchaftlichen Werken, abgefehenvon dem einen bereits erwähnten Fall, Ausfälle und An=griffe gegen Andersdenkende zu richten und fleh in klein=liehe, perfönliche Kontroverfen zu verlieren, deren Äus=tragung mit dem theoretifchen Zweck diefer Arbeiten nichtim Einklang ftand.

*) ebendaf. S. 10.**) Vorwort zurGefchichte der deutfdien Geldreform" a. a. 0.Bd. I, S. VI.

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