Einle
Noch lange vor Erfindung der Buchdruckerkunstversahen von Italien nnd hauptsächlich von Florenz aus zunftmäßige Schreiber die Bibliotheken derMedieecr und anderer Fürsten , wie des KönigsMatthias Corvinus in Ungarn , von Flandern undBrabant ans die Büchersammluugen der Herzögevon Burgund, der Herzöge von Cleve, der Kö-nige von Frankreich und der englischen Großen mitPrachthandschriften auf Pergament, welche meist inSammt mit reichen goldenen Buckeln und Klausu-ren gebunden in den Schatzkammern bei den Kron-juwelcn oder in den Armarien aufbewahrt wurden.Die Wissenschaft blieb daher ausschließend nur dasEigenthum der Fürsten , Klöster und Stifter. Wiehätte der Privatmann die Summen zu einer nurmäßigen geschriebenen Bibliothek zu erschwinge»vermocht! —- Wer über die Preise der Abschriftennnd über den Werth der Bücher in damaliger ZeitBelehrung sucht, der lese Denis, Einleitung indie Büchcrknndc Th. I. S. 84. u. folg. Eber-t,Zur Haudschriftenkunde I, 108-114. I>ambinet,vrigwe <Ie I'lmpi'Imvl'ie I, 285-290. und besondersIs. 1i. L-iiisse, Oiss. <le eaio I!t»'vrnm miuui-scrij>t»i'nm pretio. ^'i-gnoof. ». V. 1767. 4.
Außer den kunstgcübten Miniatoren und Kalli-graphen , welche sich nur mit Anfertigung vonPrachthandschriftcn für gekrönte Häupter nnd vor-nehme Bücherlicbhaber, sowie die Scriptoren undNubricatoren nur mit dem Bedarf für Universi-täten und weltliche Gelehrte beschäftigten, gab esaber auch eine geringere Classe von Schreibern,die mehr handwerksmäßig für den gewöhnlichenHausbedarf des Bürgers an Schul- und AndachtS-büchern sorgten. Dies war im frühesten Mittelalterdie einzige dem Volke bekannte Literatur. Späterkamen Kalender, Arznei- und Volksbücher hinzu.Letztere, meist in gcbnudener Sprache abgefaßt undauch zum Singen berechnet, wurden, wenn es derGegenstand erlaubte, mit rohen Federnmrisscn, diemit Wasserfarben schlecht und meist ohne Schattenausgemalt waren, auf wohlfeilerem Papier in aben-teuerlichem Style geschmückt, auf Jahrmärkten seilgehalten oder auch hausirend zum Kaufe angeboten.Neben diesen Gebet- und poetischen Volksbüchernfertigten sie auch Heiligenbilder, Spielkarten und
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kleinere schriftliche Mittheilungen, die außerhalb desuotariellcu oder Kauzlcikreises lagen.
Diese Znnftgenossen nannte man „Bricfmaler"von dem lateinischen Worte „vi-eve", nämlich8cr!i>tum, welches im mittelalterlichen Latein jedekürzere Schrift im Gegensatze von ganzen Büchernbezeichnete. Alles, was selbstständig ans einemeinzelnen (fliegenden) Blatte bezeichnet oder spätergedruckt wurde, mochte es nun ein bloßer Schrift-tert oder ein Bild oder beides zugleich sein, wurdeein Brief genannt. Der Begriff wurde nochweiter und zwar im Allgemeinen auf fede zueiner Knndmachnng abgefaßte Schrift ausgedehnt,z. B. auf Urkunden, Diplome, welche Bedcntnngsich in „Lehrbrief", „Frachtbrief", „Capcrbricf",„geschworner Brief" (in der Schweiz die Acte,wodurch das politische Verhältniß zwischen Bürgerund Regierung bestimmt und von den Gemeindenbescbworen ward) und iu dem ebenfalls noch inder Schweiz unv in den angrenzenden deutschenLändern üblichen Worte „Gültbricf" für Schuld-verschreibung erhalten hat. So verstand man imkaufmännischen Leben unter „Bricfinhabcr" Be-sitzer von Wechseln uud uuter „geinachten Briefen"trassirte Wechsel. Schon die ähnliche Form warhinreichend, gewissen Gegenständen diesen so be-liebten Namen beizulegen. So sagte mau- „einBrief Nadeln", „ein Brief Tabak" für ein Päckt-chen Tabak. Die allgemeinste Anwendung hattedas Wort ans „ein Spiel Karten."
Ueber diesen für die Vorgeschichte der Typo-graphie nicht unwichtigen Gegenstand sind vielfacheNachforschungen angestellt worden. Man vergleicheI/.H.bbe R,ive, eel!ureI»5emeM5 I>l5tl)r!<j»e5 et eiiti-cnies snr I'inventioii lies «artes »Heuer, I)i<Int,1780.12. I. G. I. Breitkopf, Versuch über dcuUrsprung der Spielkarten u. s. w. Leipzig , 1801. 4.(?»d. ?eignot, ree>,erelis5 Ii!«tor!cj»e5 et litei'-llressur >es llanses cle« morts et sur >'nr!g!ne <I<!5 enrtes äHoner. vhon etl-uxler, 1828. 8. ^V. K. 8 ! n e r,Ü,esearcl>e5 into tlie Iilstoi')' ok?I»xi»^ Oni'i!,?. I^nn-<Ion, Iri^Iloolc, 181ö. 4. ?kui1,Ä<:roix (L!I>>I»^bi>elacob ) , I'oi'Igine de» ezrtes ä Houer. , 1837. 8.
In diesen Hauptwerken findet man die anderwciicLiteratur über den Ursprung der Spielkarten.