Vorgutcubcrgische DrucKvcrsuchr.
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Der Laienbruder Luger aus dem Ende des vier-zehnten Jahrhunderts, dessen Namen der Biblio-thekar Beyschlag zuerst in dem 0dItii»r!>im oderNekrolog des Franziskanerklosters zu Nördliugcnmit den Worten „VII. 16. ^UAlistl odiit. f,->ter K.I^nxer Ia)c»s oxitimus inelsor ü^noium" angegebenfand, kann nicht, wie dies so oft geschehen ist, alsältester documentirter Beweis der Holzschneidekunstangeführt werden; denn er war ein Bildschnitzer.Die Wörter s«->ch,tor und inelsor wurden häufigverwechselt uud selbst in Büchern des sechszehntenJahrhunderts findet man Seul^tor in der Bedeutungeines FormschneiderS.
Die Erzählung Papillon's, daß ihm ein Schwci-zerosficier in Bagneur bei Mont-Nonge ein sehraltes Buch gezeigt habe, dessen mit einem Holzschnittund gothischen Ornamenten verzierter Titel besagte:„wie die adeligen ZwillingSgeschwister Cunio zuRavcnna die Thaten Alerandcr's des Großen nachihren eigenen größeren Gemälden auf acht Holz-tafeln geschnitten, abgedruckt, uud dem Papste Ho-noriuS IV. zugeeignet hätten", ist von Männern,wie Bottari, Tirabvschi, Marictte und in neuesterZeit von dem größten Kenner xylographischer Denk-mäler, Sotzmann in Berlin , als unhaltbar erwiesenworden, wie sehr sich auch der Abbate Zani, Scotti,und selbst Ottley bemühten, Papillon's Erzählung Iwieder zu Ehren zn bringen.
Die früheste in das dreizehnte Jahrhundert fal-lende Beschreibung des Farbdrucks, welche MarcoPolo in seiner Neiscbeschreibung „!I Hlilivne" gibt(s. Namusio, Kaccolts, 1583. II, 29.), wo es vondem Großkhan («i-.-», e->» <Ii Oemdnln) heißt:„ Dieser hat wahrlich den Stein der Weisen erfun-den und sein Papiergeld wird mit solcher Autoritätuud Förmlichkeit gemacht, als wenn eS von Goldund Silber selbst wäre, denn jedes Assignat wirdmit der Unterschrist und dem Zeichen vieler Beamterverschen, und wenn es ganz fertig ist, wie es seinsoll, bestreicht der von dem Herrscher beauftragteoberste StaatSdiener den ihm verliehenen Stempelmit Zinnober und drückt ihn auf daS Assignat, sodaß die Form des rothgefärbtcn Stempels abgedrücktbleibt und alsdann ist daS Assignat authentisch"kann aus dem Grunde nicht als vollgültige Quelle
betrachtet werde», weil diese Stelle nur in Namusio'STcrte, dein spätesten uud anSfübilichsten, abcr des-halb auch iutcrpolirtcsten von allen, nicht aber inden früheren Ausgaben vorkommt. Bekanntlich hatMarco Polo sciue Ncise im Jahre 1293 im Gefäng-nisse zu Geuua in der „1->iu^ui vol^».-«", eineinGemisch von Italienisch , Provenxalisch und Fran-zösisch dictirt, welches um so weniger auffallenkau», da mehre Schrifsteller desselben Jahrhunderts,wie z. B. Brunetto Latini , sich der französischen,als damals gewöhnlichsten Sprache bedient haben:„parce^ue I<'i'»uc!Ü8 est ^Ins ltelitulile« Iiui^iixes et1>I»5 commun« ^n« t»u« sutres."
Wenn daher für die Erfindung der xylographi-schen Druckkunst daS Ei des Kolumbus, der eigent-liche Grundgedanke, in dem Bewnßtwcrden der Ab-sicht lag, Schrift und Bild, oder im Geiste derZeit beides zugleich, durch Farbdruck von einer ste-henden Form zu vervielfältigen: so ist eS keinemZweifel unterworfen, daß es zu Anfang dcS fünf-zehnten Jahrhunderts die „Briefmaler" waren, beidenen dieser Gedanke zuerst Wurzel faßte. AuS denBriefmalern und Kartcnmachern entstanden Brief-drucker und Formschneider. Diese bildeten schongegen das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts zunft-mäßigc Genossenschaften. Die bedentcndstcn dieserGilden fanden sich in Angspnrg 1418, Nördlingcn1428, Nürnberg, Frankfurt am Main, Mainz ,Cöln und Lübeck. In Ulm findet man „Kartcn-maler" und „Kartcnmacher" von 1402 an häufigin den Steuerregistern, dagegen „Formschneidcr"erst vom Jahre 1441 an, wenn man nämlichJäger's etwas verdachtige Angabc im „Kunstblatt"sür 1830 S. 355., daß schon 1398 ein solcher ange-führt werde, anSnimmt. Aehnliche Jnnnngen kom-men zu derselben Zeit in den Niederlanden vor;denn nach dem Privilegium der St. Lucasgilde zuAutwerpeu vom Jahre 1442 (s. ^s. Xoninx, Vei-I-cm-<IoI!nx vver <I<?n Oi»s^roi>>; <le I7itvii><li»^ etc. der1joeK<I>»IcKnn«t, »-»lein, 18lg. 8. 21.)
gehörten sowol Bildschnitzer als Maler (Schilders),Klaömacher (Glasmaler), Jlluminircr (Berlich-ters) uud Drucker (Printers) zu dieser Corpo-ration. Sotzmann setzt diese Vereinigung in dasJahr 1557.