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Vorgutenbcrgische Druckversuche.
Wer erkennt unter den beiden letzten Benen-nungen nicht unsere deutschen „Bricsmaler" und„Briesdrucker" wieder? — Zu Brügge in Flandernbestand schon 1454 eine Brüderschaft „St. Jo-hanniS des Evangelisten", zu welcher Schreiber,Schulmeister, Buchhändler, Buchbinder und Bil-dcrmacher (BeeldemakcrS), Bildschnitzer ( Honte-BildsuydcrS), Illuminatoren, Holzdrucker, Form-schncider (Plaatsnydcrs oder Figuersuydcrs) undBrieforucker (Beeldekenpriuters) gehört haben.
In Frankreich geschiehet der Letzteren erst imsechSzehnlcn Jahrhundert unter dem Namen „ ?->!>-
leurt. et im^>ilmeurs «l'Iiistoireii et Kxure«" Erwäh-nung, wo sie mit den „ vominotier«", Verfer-tigern von bunten Papieren, verbunden waren.Noch weniger sind sie in Italien zu finden, bevordie Typographie durch Swcynhcim und Pannartz,NicolanS Jenson, Johann von Speyer, Ulrich Han,Johann Nnmeister u. A. aus Deutschland dahin ver-pflanzt wnrde.
Sowol in Deutschland als in den Niederlandenblieben die bloßen „Bricforucker" oder „Printers ",wenn sie auch kleine Bücher xylographisch druckteu,dennoch von den nachmaligen „Buchdruckern" ab-gesondert, und traten, da sie mit den Letzteren nichtzu einer und derselben Gilde schwören durften, meistmit den Malern zn einer Innung zusammen. Inden Verhandlungen der Antwerpner Gilde zumh. Lncas wurden die Bricfdrnckcr „ Printers " ge-nannt, zum Unterschiede von den Buchdruckern, dieman unter dem Namen „Drucker " aufführte. —Die sogenannten „Bildbricfe" bestanden bis zuAnfang des sechszehnten Jahrhuuderts fast aus-schließlich in Spielkarten und in Andachrs- undHeiligenbildern. Ein Volk durchschreitet in seinergeistigen Entwicklung dieselben Stadien im Großen,wie das Kind im Kleinen. Die Karte war in Er-mangelung würdiger, von geistiger Cultur bedingterGestaltung des geselligen Verkehrs das Mittel, dieZeit zu kürzen. Aus ihr bildete Frömmigkeit denGegenstand, der in seiner Ausführung balb der
Heiterkeit des Lebens, halb dem deutungSschwercnErnste der Religion angehörte, das Heiligenbild,welches, aus dem Bedürfnisse ahnungsvoller Er-hebung entsprungen, mächtig dem Geiste der Zeitentsprach. Die gewöhnlichsten und frühesten Dar-stellungen waren: Christus am Kreuze, oder an derSäule mit der Dornenkrone (IZcce Iwmo), oder derleidende Heiland mit den Marterwerkzeugen umgeben,wie er dem h. Gregor während dem Meßopfer erschie-nen war, die Verkündigung, die h. Juugfrau alsHimmelskönigin mit dem Jesuskindlein, Maria undJohannes am Kreuze betend, der h. Christoph n.s.w.
Später stellte ein jedes Land und eine jedeStadt, je nachdem ein Heiliger hier oder da mehrverehrt worden, den Landes - oder Stadtpatron dar.Die zahlreichen Abdrücke der Holztafeln verbreitetensich schnell unter dem Volke, denn jeder Frommeliebte seinen Schutzheiligen wenigstens in einer Ab-bildung in Händen zu haben, oder ihn an der Thüreseines Hauses zum Segen für die Eintretenden oderauf die Jnseite des Deckels eines Bnches znr öfternBeschauung und besseren Aufbewahrung anzukleben.Später setzte der Künstler einige erklärende Worte,einen Bibeltext, oder ein kurzes Stoßgebet unterdie bildliche Darstellung. Oft wurden Anzeigenüber den Ablaß, der mit der Andacht vor solchenBildern, besonders an Wallfahrtsörtern, verbun-den war, hinzugefügt. Doch erschienen die inForm eines Bandstreifens vom Munde des Heiligenausgehenden Sprüche, oder die meist innerhalb desBildrahmens eingeschnittenen Tcrte nur als Neben-sache und als Zugaben.
Von einzelnen Heiligenbildern gingen die Form-schneider, in den Niederlanden Plactsnydcrs (Tascl-schneider) genannt, zur Darstellung ganzer Ge-schichten in einer Reihe von vielen Blättern über,woraus die Bilderbücher entstanden. Endlich ge-langte man dahin, zur Erklärung der Bilder ganzeSeiten voll Te,rt auf eiue besondere Tafel einzu-schneidcn und auf ein besonderes Blatt, der Vor-stellung gegenüber, abzudrucken.