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Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
Entstehung
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Ansprüche der Stadt Hartem.

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Möchte ich mir das Reduertalcnt deS Carnea-des wünschen können, welcher laut der Sage nichtsvertheidigte, was er nicht auch bewiesen, nichtsbestritt, was er nicht umgestürzt hätte, damit esmir gelange, den uns geraubten Nühm wieder zuuns zurückzuführeu.

Da lein einziges Voll je errüthcte, den ihmstreitig gemachten und zweifelhaften Ruhm alsEigenthum an sich zu reißen, was hindert uns,den Besitz des unbezwcifelten Ruhmes, aus wel-chem wir durch die feige Nachlässigkeit unserer Vor-eltern verdrangt worden sind, Hure postlimmü zu-rück zu verlangen.

Ich will also erzählen, was mir Greise mitge-theilt haben, welche sowol durch ihr Alter, alsdurch ihre öffentliche Beamtung Glauben verdienenund die mir auf das Heiligste betheuerten, denHergang der Sache so und nicht anders von ihrenVoreltern erfahren zu haben.

Es wohnte vor 1W Jahren zu Harlem auf demMarkte, dem königlichen Paläste gegenüber, ineinem ziemlich schönen Hanse Laurenz Janssoon(Johann's Sohn) genannt Koster (Küster), wel-ches damals einträgliche nnd ehrenvolle Amt seineunter diesem Namen berühmte Familie erblich besaß.Dies ist der Mann, welcher den wiederauflcbenden,von Andern bisher unrechtlicher Weise besessenenRuhm der Erfindung der Buchdruckerkunst durchrechtliche Mittel und Titel zurück verlangt und mithöchstem Rechte einen schöneren Lorbcerkranz ver-dient, als alle Triumphatoren.

Dieser begann, als er einst in dem vor derStadt gelegenen Gehölze spazieren ging, wie dieunbeschäftigten Bürger nach eingenommener Mahl-zeit oder an Festtagen zu thun pflegten, zuerst ausBuchcnrinden Buchstaben zu bilden, welche er ver-kehrt, gleich einem Siegel, ans Papier abdruckteund so zu seinem Vergnügen einige Zeilen zuStande brachte, welche den Kindern seines Schwie-gersohnes zu Mustern dienen sollten.

Als ihm dies glücklich gelungen war, fing eran, als ein Mann von großem und geübtem Ver-stände, höhere Entwürfe zu machen und erdachte voraltem, zuerst mit seinem Schwiegersöhne ThomasPeter, welcher vier Söhne hinterlassen hat, die

fast alle die Bürgermeisterwürde bekleidet haben,was hier darum erwähnt wird, damit Jedermannerfahre, daß die Kunst von einer angesehenen undunabhängigen, nicht von einer niedrigen Familieausgegangen sei, eine dickere nnd haltbarere Tinte,da er die gewöhnliche als zu sehr zerstießend erprobthatte. Hierauf stellte er auch ganze Tafeln mitFiguren uud hinzugefügter Schrift dar. In dieserGattung habe ich Blätter von ihm gesehen, die nurauf einer Seite gedruckt waren; wohl die erstenVersuche seiner Arbeiten. Dieses Buch war inunserer Landessprache von einem ungenanntenVerfasser geschrieben und führte den Titel! Spie-gel unseres Heils." In diesen ersten Werken ausder Kindheit der Kunst, da doch nie eine Kunst zugleicher Zeit erfunden und volleudct wordeu ist,war man darauf bedacht, die Rückseiten der Blätterzusammen zn leimen, damit keine leeren Seiten dasBuch verunstalten möchten. Nachher vertauschte erdie hölzernen Formen mit bleiernen und machtediese später von Zinn, als einem festeren, wenigerbiegsamen und dauerhafteren Stoffe.

Aus dem, was von diesen Buchstaben übriggeblieben, sind in der Folge Weinkannen gegossenworden, welche, obgleich sehr alt, noch hcnte indem erwähnten Lorenz'schen Hanse am Markteaufbewahrt werden. Dieses Haus bewohnte nach-mals sein Urenkel Gcrard Thomas, welchen ichEhren halber nenne, ein angesehener Bürger,der erst vor wenigen Jahren als Greis gestor-ben ist.

Da nnn die neue Erfindung von den Wünschender Menscheu begünstigt wurde, da die neue vorhernie gesehene Waare von allen Seiten Käufer anzognnd reichlichen Gewinn abwarf, wuchs zugleich dieLiebe zur Kunst. DaS Geschäft dehnte sich ausund man nahm Gehülfen an, wodurch der ersteGrund des Unglücks gelegt wurde. Unter diesenbcsand sich ein gewisser Johannes, sei es nun, daßderselbe, wie man vermuthet, Faust gewesen, Fanstmit dem Namen von übler Vorbedeutung, weil erseinem Herrn untreu und unheilbringend (intim-stus) war, oder ein anderer Johannes, darüberwill ich nicht lange nachforschen, weil ich dieSchatten der Todten nicht beunruhigen mag, da