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Geschichte der Buchdruckerkunst in ihrer Entstehung und Ausbildung : Ein Denkmal zur vierten Säcular-Feier der Erfindung der Typographie ; Mit einer reichen Sammlung in Holz und Metall geschnittener Facsimiles der seltensten Holztafeldrucke, Nachbildungen von Typen alter berühmter Officinen und Proben von Kunstdrucken nach den neuesten Erfindungen unserer Zeit / von Dr. Karl Falkenstein, Königl. Sächs. Hofrathe und Oberbibliothekar, ...
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Resultat der Straßdurger Ansprüche.

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Schwerlich dürste es sich aber, wenn nicht nochandere schriftliche Documcntc aufgefunden werden,zur Gewißheit bringen lassen, ob sich Gntenbergsolcher Stempel schon in Straßbnrg zum Setzenund Drucken, oder nur, um Matrizen darüberzu gießen, bedient habe. Die Entscheidung derFrage, ob ihm hier überhaupt schon irgend einDruckwerk gelungen sei, liegt noch ebenso imDunkel begraben, denn vergebens siehet man sichnach Spuren desselben um, sei es, daß sie sich imLaufe der Zeit völlig verloren haben, oder weil sichdie Lettern zur Vollendung eines ganzen Buchesnicht brauchbar bewiesen, oder weil der Proceß dieAusführung deS ganzen Planes ins Stocken brachte.Der neueste Vertheidiger der holländischen Sache,der zu früh verstorbene Jakob Scheltema in Utrecht ,hat in seiner Beurtheilung des Schaab'schen WerkesGeschichte der Erfindung der Buchdruckerknnst,Mainz 1830 und 1831, drei Bande in Octav", dieseit Schöpflin allgemein angenommene Beweiskraftobiger Proceßacten durch den AuSspruch zu erschüt-tern gesucht:Wenn der Name Gntenberg nichtvon Schöpflin und seinen Nachtretern in jenenVerhandlungen wäre gefunden worden, so würdeNiemand auf den Gedanken gekommen sein, diesenProceß in irgend eine Verbindung mit der Buch-druckerkunst zu bringen." Diesen Satz suchte erdamit zu unterstützen, daß eine Summe von 250Gulden für die Einrichtung einer Officin und fürdie Mittheilung eines so wichtigen Geheimnisses zugering, die Anstalten aber nicht von der Art gewesen,wie sie die Bewahrung des Letzteren erfordert hatteund daß endlich die Gcrichtsprotokolle nur vomSteinschlcifen und Spiegclmachen sprechen, dem zu-folge dasDrucken" lediglich vom Bedrucken derSpiegelrahmen zn verstehen sei. Er hat jedochunerwogen gelassen, daß sowol der Tafel- alsHolztypendruck, seiner Natur nach, nur auf kleineSchriften von wenigen Bogen anwendbar, keinenallzu großen Geldaufwand erforderte, der Druckvon Bildern und sogar von Bildern mit Textals von den Vricfdruckern allgemein ausgeübt keinGeheimniß war, letzteres also lediglich in einerneuen Zusammensetzung der Druckformen und inihrem vervollkommneten Abdrucke mittelst einer

Presse lag. Zudem war Gutenberg, als nicht zurZunft der Formschneidcr und Briefdrncker gehörend,auch uicht iu der Kategorie der Schutzverwandlenund zum Verkauf seiner Producte nicht berechtigt,weöhalb er ans die Aachener Handelsmesse seinAbsehen richten mnßte. Aus der unbefangenenPrüfung uud genauen Abwägung der Für- undGegengründe dürfte daher ohne Vorliebe und Vor-haß das Resultat festzustellen sein, daß Gntenbergschon in Straßburg Versuche mit beweglichenLettern gemacht uud wahrscheinlich die Idee gefaßthabe, einHeilthnmsbüchlein" für die uach Aachen wallfahrenden Pilger zu Stande zu briugcu, vondem er sich bei der zahlreich besuchten Messe einenstarken Absatz versprechen durfte. Jedermann weiß,daß Lcgendenbücher als die zu jener Zeit beliebtesteLectnre, für die Wallfahrer nach Nom (IMi-ill-ill-iurdis Komas) und nach dem Kloster Emsiedcln imCanton Schwytz (Leben des h. Meinrad) xylogra-phisch gedruckt worden sind und wie selten selbst diespäterhin typographisch ausgeführte» Heiligthum-bücher von Trier, Wien , Bainberg, Halle, Wittcn-berg und anderen Orten im Laufe der Zeit gewordensind. Hatte er einmal den Gedanken an die Ver-vielfältigung eines Buches gefaßt, waS lag näher,als ein solches legendarisches Schriftchen für dieAachener Hciligthumsfahrt und die damit verbun-dene Messe ins Werk zu setzen? Dieses sollte ohneZweifel, wie alle Erstlingsdruckc dieser Art in Holzgeschnittene Bilder nebst beigefügtem erklärendemTe.rte enthalten. Die Formen, von denen in denProceßacten die Nede ist, konnten daher ebensowolfeste Holz- oder Bildtafeln, als mit beweglichenTypen zusammengesetzte Tertformen sein, dem zu-folge eS auch nur etliche, nämlich die letzterenwaren, auf die sich das Auseinandernchmcn, wasGutenberg nnr nothgedrungen und nicht ohne Reuethat, zu beschräukeu hatte.

Gestehet man ans diese Weise der Stadt Straß-burg die Ehre zu, daß in ihr vor allen deutschenStädten die ersten Versuche der eigcutlichen Buch-druckerknnst, obwol freilich nnr in ihren rohestcnAnfängen gemacht worden sind: so bleibt ihrerNebenbuhlerin Mainz um nichts desto minder derRuhm, die unvergleichliche Kunst durch große