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Herzogthum Oldenburg , und seit ein paar Jahren in der StadtBremen , wo bis dahin freiwillige jährliche Selbstbesteuerung, aller-dings mit zwangsweisen Mindestbeiträgen, die öffentliche Armen-last trug. Der Regel nach deckt die allgemeine Kämmereicassedes Ortes den Bedarf der Armenverwaltung wie jedes anderencommunalen Verwaltungszweiges. Dies läfst in der Vorstellungder Armen doch nicht so unmittelbar, wie eine eigene Armen-steuer, den Begriff des Rechts auf Unterstützung aufkommen.Immerhin bleibt auch bei förmlicher, so genannter Armensteuernoch ein gewisser Unterschied übrig, je nachdem die Gemeindeoder der Staat dieselbe erhebt. Der Gemeinde-Haushalt bewegtsich auch bei den gröfseren Städten noch in Summen, die aufden schlichten Verstand nicht so den Eindruck der Unfafsbarkeitmachen wie die Ausgaben eines Staats von Preufsens oderDeutschlands Umfang; deren Empfindlichkeit für Zuthun oderAbnehmen demnach auch nie ganz auf hört. Vollends aber wennder Staat seinen Riesenschatz erst aus lauter indirecten Abgabenspeist, die Gemeinde aber den Executor zur Hand behalten mufs,wie wird da jeder Vergleich verschwinden zwischen einer Er-höhung der Staatslast und einer Erhöhung der Gemeindelast, zu-mal wenn es sich in beiden Fällen um Wohlthaten handelt, dieinnerhalb der eignen Gemeinde gespendet werden sollen! Fawcett ist zwar ein Freihändler, aber nicht mit solcher Erstreckung aufdas Gebiet der Armenpflege, dafs er aus demselben die gesetz-mäfsige Zwangspflicht verbannen wollte. Im Gegentheil, erfürchtet von der Freigebung des Armenhilfswesens mehr, als erdavon hofft; in Betreff der Aufbringung der Mittel tritt er fürden bestehenden Zustand ein. Man wird sein Urtheil daher alsein unbefangenes und aus Englands Erfahrung abgeleitetes geltenlassen müssen.
Kein Freihändler dagegen in dem hier einschlagenden prin-cipiellen Sinne ist Schäffle, der ehemalige Professor der National-ökonomie und Minister in Wien . Er sagt in dem unlängst er-schienenen Werke «Die Grundsätze der Steuerpolitik und dieschwebenden Finanzfragen Deutschlands und Oesterreichs » S. 641:«Die Armenpflege durch das Reich oder die Länder hat dasentscheidende Bedenken gegen sich, dafs dann die Gemeinden,welchen die Armenverwaltung denn doch überlassen werdenmüfste, auf den Landes- und Reichs-Säckel schonungslos loshausen