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Staats-Armenpflege / von A. Lammers
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würden. An eine Centralisation der Armenlast, geschweige derArmenpflege in Reichs-Händen kann daher praktischer Weisenicht gedacht werden.» Diese kategorische Erklärung erfolgt imZusammenhang mit einer weitgehenden und begeisterten Partei-nahme für zwangsweise Arbeiter-Versicherung, also gewifsnicht aus einer Stimmung heraus, die der Staats- und Reichs-Gewalt zu wenig gönnte.

Auch ein denkender Mann der Praxis, Bürgermeister Adickes in Altona (früher in Dortmund ), kommt in einer Reihe von Ar-tikeln des Hannoverschen Courier über das sogenannte Verwen-dungsgesetz und die Communalverbände zu demselben Schlüsse.An sich zwar erscheint ihm aus der Natur der heutigen Armen-last heraus deren Uebernahme auf den Staat wohl gerechtfertigt.Aber «unwiderleglich» steht derselben das Bedenken entgegen,«dafs die Ortsarmenverbände und diese sind die einzigen zurVerwaltung der eigentlichen Armenpflege brauchbaren Verbände,weil Armenpflege nur in kleinerem Kreise auszuüben ist als-dann jedes finanzielle Interesse an der Armenverwaltung verlieren,und die Kosten der letzteren daher unfehlbar endlos wachsenwürden.»

Um welche Beträge es sich hierbei ungefähr handelt, kannuns die Armen-Statistik der Provinz Hannover sagen, vom Landes-directorium für das Jahr 1877 aufgenommen und herausgegeben.Sie kommt hinsichtlich der Zwangsleistungen der örtlichen Armen-verbände auf etwa acht Groschen für jeden Kopf der Bevölkerung;hinsichtlich aller Armen-Ausgaben der Ortsverbände auf etwaanderthalb Mark; und rechnet man noch die Ausgaben des Land-armenverbandes hinzu, auf siebenzehn Groschen. Für Preufsenkämen hiernach rund vielleicht fünfzig Millionen Mark heraus.Wohlverstanden bei der jetzigen örtlich getragenen Last; welcheElasticität derselben die Abwälzung von den Gemeinden auf denStaat mittheilen würde, ist unabsehbar, aber es verdient dochangeführt zu werden, dafs die englische Armensteuer vor derReform von 1834 acht Mark auf den Kopf betrug und nachherfünf bis sechs. Damit käme Preufsen schon über das dreifachehinaus. Würde es auch nur bei einer solchen Anschwellung desArmenhaushalts stehen bleiben können? Ich bezweifle es.

Man mufs nur wissen, wie grade die wirksamsten, segens-reichsten Neuerungen in der praktischen Armenpflege, diejenigen