Teil eines Werkes 
Theil 2 (1752) Jacob Benignus Bossuet, Bischofs von Meaux, Einleitung in die Geschichte der Welt, und der Religion / fortgesetzet von Johann Andreas Cramern, Hochfürstl. Oberhofpredigern in Quedlinburg
Entstehung
Seite
203
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Zweyter Abschnitt, 20z

Jesu Christi machte, waren eben so irrig. Manvergleiche mit diesen Lehrsätzen des CerinthuS die Leh-ren , welche Johannes gleich im Anfange seines Ev.Zoh.r.Evangelii vorträgt, und in dem Verfolge so umständ-lich bestätiget; man überlege hierauf, ob er nicht dieAbsicht gehabt haben müsse, die Wahrheit widerdiesen so künstlichen Verführer zu retten, der in sei-nen Tagen lebte? Man wird vielleicht sagen, daßder Apostel nicht wider ihn geschrieben habe, weiler ihn nicht nenne. Warum sollte er ihn nicht ge-nannt haben? Jedoch ist das wohl ein Einmurf?Warum sollte er den Ehrgeiz eines Menschen befrie-digen , der vielleicht eben darum irrete, damit seinName weit erschallen möchte ? Würde er diese Ab-sicht nicht genug erreicht haben, wenn ihn der Apostelnicht bloß widerlegt, sondern sogar seinen Namen zunennen gewürdigt hatte? Man kann daraus abneh-men, wie die Wissenschaft von den Lehrgebäuden derersten Ungläubigen den Sinn der Offenbarung sehr oftaufschließe und deutlicher mache. Paulus scheinc ihnebenfalls in verschiedenen Stellen seiner Briefe an dieColosser und Epheser vor Augen gehabt zu haben.

Seine Secte erhielt sich kaum bis in das zweyteJahrhundert, ungeachtet er in seinem Lehrgebäudeso künstlich war, und sich gegen seine Anhängergöttlicher Gesichter und Offenbarungen rühmete.Der Irrthum muß ein ProteuS seyn, und immerin neuen Gestalten erscheinen, wenn er der Wahr-heit lange schaden will. Sein Name wurde baldvergessen , und zwar desto leichter und eher, weiler die Absicht eben nicht hatte, die Menschen vonder Sittenlehre der Religion frey zu machen, son-dern ihnen vielmehr ihre Geheimnisse auf eine neue