Teil eines Werkes 
Theil 2 (1752) Jacob Benignus Bossuet, Bischofs von Meaux, Einleitung in die Geschichte der Welt, und der Religion / fortgesetzet von Johann Andreas Cramern, Hochfürstl. Oberhofpredigern in Quedlinburg
Entstehung
Seite
255
Einzelbild herunterladen
 

Zweyter Abschnitt. 255

dem',' wenn die von den falschen und verlarvten Chri-sten verschuldeten Lästerungen auch sehr oft die Un«schuldigen trafen ?

Also wurde die Ausbreitung der Wahrheit unterden Ungläubigen, sowohl durch den Misbrauch deschristlichen Namens, den sich so viele, ohne dessenwürdig zu seyn, anmaßeten, als durch die verderbteSittenlehre der irrgläubigen Secten gehindert. DerStolz- und Parteygeist der Irrgläubigen war eineben so schwerer Stein des Anstoßes, als die beydenschon angeführten Hindernisse. Die Rechtgläubigenwurden von ihnen als fleischliche Menschen verachtet;sie aber rühmeten sich, daß sie allein die wahre Er-kenntniß, die vollkommenste Gnosis besäßen. DerMensch, wenn er einmal seine alten Meynungenverleugnen soll, will lieber unter die Weisen, alsunter die Einsaltigen gerechnet werden, zumal wenndie Weisheit bequemer für seine Leidenschaften ist,als die Einfalt. Der Rechtgläubige foderte Glau-ben, und verlangte die Unterwürfigkeit der Vernunft;er war so bescheiden, und bekannte, daß er nicht al-les begreifen könnte. Der Irrgläubige hingegenversprach eine vollkommene Erkenntniß; er konntealles erklären, alles begreifen; schätzte sich und seineJünger den Aposteln gleich; er setzte sich oft mit ih-nen über sie hinaus. Wie sehr schmeichelte nicht al-les dieses der menschlichen Eitelkeit, und wie begreif-lich ist es, daß so viele lieber weise Gnostiker, alseinfaltige und demüthige Christen wurden?

Die irrgläubigen Parteyen verhinderten abernicht allein die stärkere Ausbreitung der wahren Kir-che, sondern ihre Irrthümer hatten selbst einen schäd-lichen Einfluß, sowohl in die Wahrheiten des Glau-bens,