Zweyter Abschnitt. 32z
sich selbst und ohne Einschränkung. Daher behcul-ptet er auch, daß die Iungfrauschaft etwas gött-liches sey, und unrer den Tugenden den höch-sten Rang einnehme. Hat nicht in diesem undden folgenden Jahrhunderten fast die ganze recht-gläubige Kirche diese falsche Meynung für eine gött-liche Lehre angenommen; und ist sie nicht selbst vondenen beybehalten worden, welche doch tue Ehe zueinem Sacramenre gemacht haben? Es mög sey!?,dH man dieses Irrthums wegen nicht in der Gefahrwar, die Seligkeit zu verlieren; darum war dochaber der Irrthum Irrthum.
Die t7!oerianer, Gahellianer, und paulia^nisten leugneten den Unterschied der Personen in derGottheit, weil sie ihrer Liebe zur heidnischen Welt-weisheit allzuviel Freyheit ließen. Eben diese Lei-denschaft verleitete selbst viele Rechtgläubige zu un-vorsichtigen Ausdrücken von diesem Geheimnisse,welche den Unterschied der Personen in Gott zu großmachten. Zum wenigsten war das eine schlimmeFolge, daß man von den Geheimnissen der Religionnicht mehr allein in der Sprache der Schrift, sondernauch in der zweydeutigen Sprache der damaligenPhilosophen redete, den Gebrauch der Kunstwörterin den Vortrag der geoffenbarten göttlichen Wahr-heiten einführet?, und dem großen Haufen dadurchdie Erlernung einer an sich selbst so leichten Religion,als die christliche ist, schwerer und weitlauftigermachte.
Alle diese Uebel wurden durch andere Zwistigkck-ten der Rechtgläubigen unter einander vermehret undvervielfältiget. Sie stritten zwar über keine Grund-wahrheiten des Christenthums; die meisten Screi-
T 2 tigrei.