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Über die Buchstabenschrift und ihren Zusammenhang mit dem Sprachbau : Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 20. Mai 1824 / Wilhelm von Humboldt
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über die Buchstabenschrift.

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Richter von der Art und Menge der verllängten Bestrafungen Nachrichtgahen, die Farben der Schnüre die Verbreeben, die Knoten die Artender Strafen andeuteten. Ob aber in ihnen auch ein allgemeinerer Ge-dankenausdruck möglich war, ist niebt klar, und sehr zu bezweifeln,da die Verschlingung auch farbiger Scbnüre keine hinlängliche Mannig-faltigkeit von Zeichen zu gewähren sebeint.

Dagegen lagen in dieser Kunst der Knotenschnüre vielleicht be-sondere Methoden der Gedächmifshülfe oder Mnemonik, wie sie auchdem classischen Alterthum nicht fremd waren. Diese scheinen bei denPeruanern wirklich üblich gewesen zu seyn. Denn es wird erzahlt, dafsKinder, um ihnen von den Spaniern mitgetheilte Gebetsformeln zu be-halten, farbige Steine an einander reiheten, also, nur mit anderen Gegen-ständen, ein den Knoienschnüren ähnliches Verfahren beobachteten. Indieser Voraussetzung waren die Knotenschnüre allerdings Schrift im weit-läufigeren Sinne des Worts, entfernten sich doch aber sehr von diesemBegriff, da das Versländnifs bei der Mitlheilung in der Entfernung aufder Kennmifs der äufseren Umstände beruhte, und wo sie zu geschicht-licher Ueberlieferung dienten, dem Gedächiniis doch die hauptsächlichsteArbeit blieb, der die Zeichen nur zu Hülfe kamen, die Fortpflanzungmündlicher Erklärung hinzutreten mufsle, und die Zeichen nicht eigent-lich und vollständig (wie es die Schrift, wenn nur der Schlüssel ihrerBedeutung gegeben ist, doch thun soll) den Gedanken durch sich selbstaufbewahrten.

Mit Sicherheit läfst sich jedoch hierüber kein Unheil fällen. Ichbin auch nur darum in die vermuthliche Beschaffenheit dieser Knoten-schnüre, von welchen sich noch im vorigen Jahrhundert einer (aberein Mexicaniscber) in der Boturinischen Sammlung befand, eingegangen,um zu zeigen, auf welche Weise die Völker Ameiika's die doppelte Artder Zeichen kannten, zu welcher alle Schrift, wie sie seyn mag, ge-hört, die durch sich selbst verstandliche der Bilder, und die durch will-kührlich für das Gedächlnifs gebildete Ideenverknüpfung, wo das Zeichendurch etwas Drittes (den Schlüssel der Bezeichnung) an das Bezeichneteerinnert. Die Unterscheidung dieser beiden Gattungen, die da in einan-der übergehen, wo die allegorisirende Bilderschrift auch ihre unmittel-bare Versländlichkeil aufgiebt, und die, der Masse nach, und im Fort-HisL Fhilol. Klasse 1824. Aa