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Über die Buchstabenschrift und ihren Zusammenhang mit dem Sprachbau : Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 20. Mai 1824 / Wilhelm von Humboldt
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Humboldt

Es ist sehr wahrscheinlich, dafs, wenn auch das Mexicanischeund Peruanische Reich noch Jahrhunderte hindurch unerobert vonFremden besianden hätte, diese Nationen doch nicht würden aus sichselbst zur Buchstabenschrift gelangt seyn. Die Bilderschrift und dieKnotenschnüre, welche beide befafsen, von welchen aber, aus nochnicht gehörig klar gewordenen Ursachen, jene bei den Mexicanern, diesebei den Peruanern ausschliefslich im Staats- und eigentlichen National-gebrauch blieben, erfüllten die äufseren Zwecke der Gedanken-Auf-zeichnung , und ein inneres Bedürfnifs nach vollkommeneren Mittelnwäre schwerlich erwacht.

Ueber die Knotenschnüre, die auch in anderen Gegenden Ameri-ka's, aufserhalb Peru und Mexico , üblich waren, und die auf Vermu-thungen eines Zusammenhanges der Bevölkerung Amerika's mit China,so wie die Hieroglyphen mit Aegypten geführt haben, werde ich an ei-nem anderen Orte die Nachrichten, die sich von ihnen finden, zusam-menstellen. Sie sind allerdings sehr mangelhaft, aber doch hinreichend,einen bestimmleren und genaueren Begriff von dieser Gattung vonZeichen zu geben, als man durch Robertson's, und anderer neuererSchriftsteller Berichte erhält. Ihre Bedeutung lag in der Zahl ihrerKnoten, der Verschiedenheit ihrer Farben, und vermuthlich auch derArt ihrer Verschlingung. Diese Bedeutung war jedoch wohl nicht überalldieselbe, sondern verschieden nach den Gegenständen, und man mufslevermuthlich, um sie zu erkennen, wissen, von wem die Mittheilungherrührte, und Avas sie betraf. Denn es waren auch der Aufbewah-rung dieser Schnüre, nach der Verschiedenheit der Verwaltungszweige,verschiedene Beamte vorgesetzt. Ihre Entzifferung endlich war künst-lich, und sie bedurften eigener Ausleger. Sie scheinen daher im All-gemeinen mit den Kerbstöcken in Eine Klasse zu gehören, allein durcheinen Grad sehr hoher Vervollkommnung künstliche Mittel, zuerst,mnemonisch, der Erinnerung, hernach, wenn der Schlüssel des Zusam-menhanges der Zeichen mit dem Bezeichneten bekannt war, der Mit-theilung gewesen zu seyn. Es bleibt nur zweifelhaft, in welchem Gradesie sich von subjectiven Verabredungen für bestimmte und genau be-dingte Fälle zu wirklichen Gedankenzeichen erhoben. Dafs sie beideszugleich waren, ist olfenbar, da z. B. in denjenigen, durch welche die