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1 (1900) Enthaltend Buch 1 (Handelstand) und Buch 2 (Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft)
Entstehung
Seite
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Kaufleute. H 1. 43

esse des Mündels ein Geschäft entgeltlich erworben wird und zur Abschließung eines Gesell-schaftsvertrags zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts der Genehmigung des Vor-mundschaftsgerichts (Z 1322 Nr. 3 B.G.B.), das Gleiche gilt vom Vater des Haus-kindes (Z 1643 B.G.B). Außerdem ist darauf aufmerksam zu macheu, daß der ge-setzliche Vertreter zu verschiedenen Arten von Rechtsakten die besondere Genehmigungdes Vormuudschaftsgerichts braucht, und zwar auch dann, wenn der Gewerbebetrieb ge-nehmigt ist, oder der Genehmigung nicht bedarf (HZ 1643, 1822 B.G.B. ). In dengleichen Fällen bedarf auch der beschränkt Geschäftsfähige, der die Genehmigung des ge-setzlichen Verkehrs zum Gewerbebetrieb erhalten hat und dadurch insoweit unbeschränktgeschäftsfähig geworden ist, der Genehmigung des Vormuudschaftsgerichts (Z112B.G.B.).Das sind insbesondere Verträge über Grundstücke, Ausnahme von Darlehen, Uebernahme vonBürgschaften, Ertheilung von Prokura u. s. w. Doch kann das Vormundschaftsgcricht dieGenehmigung zu gewissen Geschäften, nicht zu allen, ein für alle Male ertheilen(Z 1825 B.G.B.). Ueber die Fähigkeit der Frau und insbesondere der Ehefrau, einHandclsqewerbe zu betreiben und dadurch Handclsfran zu werden, s. unsere AllgemeineEinleitung Anm. 64 ff.

Zur Rechtsgiltigkeit desBetriebes gehört auch, daßdieRechts- Anmgeschäfte um ihrer selbst willen nicht ungiltig sind. Der Gewerbebetriebeines Wucherers fällt zwar äußerlich unter Z 1 Nr. 4, aber seine Geschäfte sind wegenZ 138 B.G.B, nichtig, sein Gewerbebetrieb daher kein Handelsgewerbe, er selbst nichtKaufmann, wenn er es nicht aus anderen Gründen ist. Das Gleiche gilt von Per-sonen, welche nngiltige Börsentermingeschäfte oder sonstige ungiltige Spekulationsgeschäfte(Differenzgeschäfte) gewerbsmäßig machen. Dagegen reicht die bloße Anfechtbarkeit derGeschäfte, der Umstand, daß der Gewerbebetrieb ganz oder zum Theil auf Täuschung abzielt,nicht aus, um die Kaufmannsqualität zu verneinen (vgl. Bolze 13 Nr. 253). Des-gleichen reicht dazu die mangelnde Befugniß zum Gewerbebetrieb nicht aus (Z 7).Ein Haudclsgcwcrbc muß betrieben werden. Anm

a) Ein Gewerbe. Zunächst muß die von der betreffenden Person entwickelte rechtsgeschäftlicheThätigkeit ein Gewerbe darstellen, ein gewerbsmäßiger Abschluß von Rechtsgeschäftenmuß vorliegen.

Zur Gewerbemäßigkeit gehört, daß die Absicht nicht auf einzelne Geschäfte,sondern einheitlich auf einen ganzen Komplex von Geschäften gerichtet ist, und daßferner die Absicht dahin geht, aus dieser Thätigkeit eine dauernde Einnahmequelle zumachen (R.G. 33 S. 20).

Es muß die Absicht bestehen, aus dieser Thätigkeit dauernden Gewinn zuziehen. Es würde keine Gewerbemäßigkeit vorliegen, wenn Jemand gewisse Rechts-geschäfte zwar oft vornimmt, aber nicht in der Absicht, aus ihnen selbst dauerndGewinn zu erzielen, sondern nur, um diese Thätigkeit für sonstige Zwecke nutzbar zumachen. Denn es genügt nicht ein irgendwie geartetes Interesse, sondern eben nurdie Absicht, aus der Thätigkeit selbst Gewinn zu erzielen (R.G. 33 S. 20).

Gewinn muß man erzielen wollen. Als Kaufmann würde nicht zu erachtensein, wer ein Handelsgewerbe aus irgendwelchen Gründen lediglich in der Weise be-treibt, daß er nur seine Selbstkosten decken will, z. B. um die Bedeutung einer vonihm gemachten Erfindung aus wissenschaftlichen Zwecken zu demonstriren, oder ansWohlthätigkeit, z. B. derart, daß die Waaren nur am Markt und zu ermäßigten, einenGewinn nicht abwerfenden Preisen abgegeben werden. Aber man braucht nichtetwa mit jedem Geschäfte Gewinn erzielen zu wollen. Die Gewinn-absicht braucht nur die den ganzen Betrieb beherrschende Tendenz zu sein. Ist diesder Fall, so liegt Gewcrbemäßigkeit auch dann vor, wenn die Absicht, Gewinn zu er-zielen, nicht bei jedem einzelnen Geschäfte obwaltet, wenn z. B. ein Geschäft auchunentgeltlich gemacht wird, auch ein solches Geschäft kann zum Gewerbebetriebe ge-hören (R.G. 33 S. 105). Auch schadet es nicht, wenn ein Geschäft mit Verlust gemachtwird, sei es wider Erwarten, oder gar mit Absicht, z. V. um Kunden zu gewinnen.