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1 (1900) Enthaltend Buch 1 (Handelstand) und Buch 2 (Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft)
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Kaufleute. Z 1.

Anm .is. Nnx dauernde Einnahmequelle muß beabsichtigt sein. Das ist der Gegensaß

zum bloß gelegentlichen Betriebe (R.O.H. 14 S. 118). Der Fiskus wird z. B. dadurchnicht Kaufmann, daß er den Betrieb eines ihm als Erbschaft zufallenden Geschäfts solange fortsetzt, bis die Nachlaßschulden gedeckt sind; eine Frau nicht dadurch, daß siejahrelang Spekulationsgeschäfte macht (Bolze 2 Nr. 712; R.G. vom 9. November 1898in I. W. 1894 S. 19; vergl. hierzu unten Anm. 29).

Anm .is. Zum Begriffe der Gewerbemäßigkeit ist übrigens eine Thätigkeit erforderlich,

die mittels kaufmännischer oder allenfalls technischer Kenntnisse und Fertigkeiten denZweck der Gewinnerzielung erreicht. Wo diese Mittel einen höheren Charakter tragen,wo die Thätigkeit in das Bereich der Kunst und Wissenschaft gehört,da kann man das Unternehmen nicht mehr ein gewerbliches Unter-nehmen nennen. Deshalb gehört der Arzt, der Rechtsanwalt, der Künstler, auchder Zahnarzt nicht zu den Gewerbetreibenden in diesem Sinne (vergl. auch Denkschr.S. 11), und ihre Geschäfte sind keine Handelsgeschäfte auf ihrer Seite, auch wenn siein der Anschaffung und Veräußerung von Gegenständen bestehen, so z. B. wenn derMaler die Farben und die Leinwand, der Bildhauer den Marmor, der Zahnarzt dasMaterial zu den Gebissen anschafft. Der Arzt, als Inhaber einer Privatkranken-anstalt, ist hiernach kein Gewerbetreibender, wenn die Absicht nur dahin geht, aus derAusübung des ärztlichen Berufes Gewinn zu erzielen, nicht auch aus der Gewährungvon Unterhalt und Aufenthalt, selbst wenn hierbei eine mäßige Verzinsung des Anlage-kapitals erzielt wird (Urtheil des Preuß. Oberverwaltnngsgerichts vom 5. Mai 1898in der Deutschen Juristen-Zeitung 1893 S. 331).

Anm.I?. Liegen die obigen Erfordernisse der Gewerbemäßigkeit vor, dann ist jedes, auch

das erste, ans Grund der Absicht dauernden Gewinnes abgeschlossene Geschäft alsgewerbemäßig anzusehen, z. B. auch die Anschaffung der Waare, deren Veräußerung injener Absicht bezweckt wird, die sog. Vorbereitungsgcschäfte (R.G. in Strafs. Bd. 2?S. 227; weitere Judikatur siehe zu Z 123 u. zu § 343); so ist Gewerbemäßig-keit auch dann vorhanden, wenn die erhofften Gewinne anderenals gewinnsüchtigen, etwa wissenschaftlichen, religiösen oder politischen Zweckendienen sollen, oder, wie beim gewerbetreibenden Staat, der öffentlichen Wohlfahrt.Derartige Endzwecke des Gewerbebetriebes heben den Begriff des Gewerbebetriebes erstdann ans, wenn die Absicht der Gewinnerzielung überhaupt nicht besteht, wenn etwadie Handhabung der Geschäfte in der Weise erfolgt, daß nur die Selbstkosten gedecktwerden (vergl. darüber oben Anm. 14). Wird aber Gewinnerzielung beabsichtigt, so ist esgleichgiltig, daß der Unternehmer den erzielten Gewinn zu anderen Zwecken zu ver-wenden gedenkt.

Anm. is. Weitere Erfordernisse der Gewerbe Mäßigkeit giebt es nicht.

Es gehört zur Gewerbemäßigkeit nicht ein gewisser Umfang des Be-triebes. Dieser hat vielmehr höchstens auf die Frage der VollkaufmannsqualitätEinfluß (Z 4) und im Falle des Z 2 und des Z 3 Abs. 2 freilich auch auf die Kauf-mannsqnalität. Aber er ist in diesen Fällen ein selbstständiges Requisit neben derFrage der Gewerbemäßigkeit.

A»m. io. Nicht gehört zur Gewerbemäßigkeit, daß der auf den Abschluß

einerReihe von Geschäften gerichtete Wille sich demPublikum gegen-über manife flirt. Das Gegentheil nimmt zwar das R.G. an (Urtheil vom9. November 1893 in I. W. 1894 S. 19). Allein auch für das Gebiet des Straf-rechts wird dieses Erforderniß der Gewerbemäßigkeit nicht aufgestellt (vergl. Olshausen,Kommentar zum Str.G.B. Anm. 2 zu Z 260 Str.G.B.). Vergl. unten Anm. 29,wo die Manifestation gegenüber dem Publikum auch als selbst ständiges Erfordernißder Kaufmannsqualität ebenso abgelehnt wird, wie sie hier als Element der Gewerbe-mäßigkeit abgelehnt wird.

Anm.so. Ob im Einzelfall gewerbemäßiger Betrieb vorliegt, ist Frage

rechtlicher und thatsächlicher Beurtheilung der konkreten Sachlage (R.O.H. 14 S. 117).