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1 (1900) Enthaltend Buch 1 (Handelstand) und Buch 2 (Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft)
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Offene Handelsgesellschaft. § 109.

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Allein begrifflich nothwendig sind jene Abreden nicht. Die in solcher Hinsicht be-stehenden Lücken der Vereinbarung werden durch das Gesetz ausgefüllt: die Art derBeiträge bestimmt sich durch den Gesellschaftszweck, über die Höhe disponirt Z 706B.G.B, (gleiche Beiträge für alle). Vergl. übrigens auch die folgende Anm.ck) Haben sich die Parteien über alle diejenigen Punkte in bestimmt er Anm. 4.Weise geeinigt, über welche sie sich einigen wollten, so liegt einperfekter Gesellschaftsvertrag vor, nicht schon dann, wenn sie sich über die wesentlichenPunkte einigen (vergl. KZ 154 und 155 B.G.B.). Letzteres genügt dann, wenn gleich-zeitig erhellt, daß im Uebrigen die dispositiven Vorschriften des Gesetzes nach demWillen der Parteien maßgebend sein sollten (vergl. R.O.H. 9 S. 38). Alsdann aberliegt kein xaetum äs ineunäa sooistate, sondern ein perfekter Gcsellschaftsvertrag vor(vergl. R.G. 12 S. 304). Aus dem Abschlüsse eines solchen Vertrages kann auf Auf-nahme in die Societät geklagt werden (vergl. Bolze 23 Nr. 575; auch R.G. 40S. 47).

e) Uebrigens ist zu erwähnen, daß unter dem Gesellschaftsvertrage aucki dicAnm. s.nachträglichen Abreden über das Verhältniß der Gesellschafter zuverstehen sind. Der Gesellschaftsvertrag ist die Summe derjenigen Abreden, welcheüber die Verhältnisse der Gesellschaft und ihrer Mitglieder giltig getroffen sind.(Denkschrift S. 85.) Dieser Begriff liegt zu Grunde den ZZ 114 Abs. 2, 115 Abs. 2,119 Abs. 2.

2. Eventuell entscheide» die Vorschriften der ZH 110122 H.G.B. Dieselben kommen also Anm. o.zur Anwendung, wenn die Parteien einen perfekten Gcsellschaftsvertrag geschlossen, über diesePunkte aber nichts bestimmt haben (vergl. Anm. 3 u. 4). Hiermit sind die Vorschriften der

ZZ 110122 B.G.B, zu Dispositivvorschriften erklärt. Ob die sonstigen Vorschriften,welche über das interne Verhältniß der Gesellschafter entscheiden, z. B. ZZ 139, 140, 142,131 dispositiven oder zwingenden Charakter haben, dafür sind besondere Erwägungenmaßgebend.

3. In letzter Linie entscheiden die Vorschriften des B.G.B. Zunächst die über die Anm. ?.Gesellschaft. Die letzteren kommen in sehr umfassendem Maße zur Anwendung, da

das neue H.G.B, eine Reihe von Vorschriften des alten H.G.B, gestrichen hat, welchesich derart bewährt hatten, daß sie auf den ganzen Rechtsverkehr ausgedehnt werdenkonnten. Derartige Vorschriften sind von uns besonders behandelt im Exkurse zu H 122und im Exkurse zu Z 141.

Daß die sonstigen Vorschriften des B.G.B , entscheiden, soweit essich nicht um specifisch gesellschaftliche, sondern allgemeine Vorschriften (z. B. Irrthum,

Betrug, Geschäftsfähigkeit) handelt, wird nur der Vollständigkeit wegen erwähnt. Das istselbstverständlich.

Zusatz 1. Die Beweislast, wenn eine dem Gesetze zuwiderlaufende Vereinbarung behauptet Anm. 8.wird, hat Derjenige, der dieselbe geltend macht (vergl. unsere Allgemeine Einleitung Anm. 33 sfg.).

Ebenso hat, wenn die ursprüngliche Vereinbarung feststeht und eine nachträgliche Vereinbarungbehauptet wird, Derjenige zu beweisen, der die letztere vorschützt (vergl. R.O.H. 3 S. 173).

Znsatz 2. Uebergangsfrage. Daß für die vor dem 1. Januar 1900 bestehenden Gesell-Anm. s.schaften die bisherigen Vorschriften maßgebend bleiben, ist bereits in Anm. 32 zu Z 105 aus-geführt. Auf die Vorschriften, welche das Rechtsverhältniß nach innen regeln und jeden zwin-genden Charakters entbehren, beziehen sich diese Aussührungen jedenfalls. Die Folgerung ist vonsehr großer Tragweite. Für Gesellschaften, denen eine lauge Dauer nach dem 1. Januar 1900beschicken sein wird, wird hiernach während der ganzen Dauer ihres Bestehens, oft noch fürganze Generationen, das alte G.H.B, und das alte Civilrecht maßgebend sein, jedenfalls, soweites sich um die inneren Verhältnisse handelt. (Ob auch sonst, darüber siehe zu ß 123.)