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Aktiengesellschaft, ß 178.
Anm.15.
kapital auf 200000 Mark angegeben werden. Die Aktien wurden eben ö0°/„ unterPari ausgegeben. Jetzt muß die Grundzisfer mindestens ebenso groß sein, wiedas eingelegte Kapital; das soll eine Gewähr dafür sein, daß wenigstens bei Ent-stehung der Gesellschaft ein der gewählten Grundzisfer entsprechender Werthbetragzum Gesellschaftsvermögen gehört.
Bis zu einem gewissen Grade bleibt jene Grundbetheiligungsziffer gleichwohlauch jetzt noch eine fiktive Ziffer. War sie es im eminenten Sinne bei der früherenUnterpari-Emission, so ist sie es, wenn auch nicht in so flagranter Weise, in andererHinsicht noch heute. Sie ist es zunächst bei jeder Ueberpari-Emission. Denn wennmehr eingelegt ist, als die Grundzisfer der Betheiligung angiebt, so ist in solchemFalle das, was der Gesetzgeber Einlagekapital nennt, nicht die Summe der Ein-lagen, sondern eine von den Schöpfern der Gesellschaft willkürlich gewählte Ziffer,welche bei Fixirung des Betheiligungsverhältnisses in Betracht kommen soll.
Jene Grundziffer oder, wie das Gesetz sagt, das Grundkapital ist fernereine fiktive Ziffer immer dort, wo Sacheinlagen gemacht werden. Schätzungen sindund bleiben ewig Meinnngssachen, keine objektiv feststehenden unverrückbaren Be-griffe. Mindestens aber ist bei jeder Abweichung vom wahren Werthe, nach untenoder nach oben, das sogenannte Grundkapital eine fiktive Ziffer; denn es ist dannmehr oder weniger eingelegt, als die Ziffer des Grundkapitals anzeigt. Ja auchbei Summeneinlagen ist sie eine fiktive Ziffer dann, wenn dieselben nicht voll ge-leistet sind; denn Niemand weiß, ob alle Zeichner ihrer Zahlungspflicht auch vollgenügen werden.
Und endlich wird jedes Grundkapital eine fiktive Ziffer in dem Augenblicke,wo die Gesellschaft ihre Geschäfte beginnt. Gefetzt, die Gesellschaft erhielte bei ihrerEntstehung einen dem Grundkapital genau entsprechenden Baarbetrag, so ist dochdieser Betrag in dem Augenblicke, wo die Gesellschaft ihr Geschäftsleben beginnt,einem unaufhörlichen Wechsel ausgesetzt, und jene ein für alle mal festgesetzte Grund-ziffer, genannt Grundkapital, wird zur Fiktion. Sie ist nicht etwa gleichbedeutendmit dem jeweilig vorhandenen Gesellschaftsvermögen, sie bedeutet auch nicht etwatrotz des volltönenden Ausdrucks „Grundkapital" einen unverrückbaren Grundstockan Gesellschaftsvermögen. Sie ist vielmehr nur eine Ziffer, ein Rechnungsfaktor.Sie zeigt an, wie viel an Werthen (wenigstens nach der Schätzung der bei derJllation Betheiligten) als Aequivalent für die Ausgabe der Aktien mindestens ge-leistet worden ist oder wenigstens geleistet werden sollte. Sie wird ferner alsGrundziffer einer Berechnung benutzt, um auszurechnen, wie hoch die Betheiligungdes einzelnen Mitgliedes an den Ergebnissen der Gesellschaft ist, und sie zeigt endlichan, welcher Betrag am Gesellschaftsvermögen mindestens vorhanden sein muß, ehean eine Vertheilung von Gewinnen an die Mitglieder herangetreten werden kann,oder mit anderen Worten: welchen Betrag reinen Aktivvermögens die Gesellschaftihren Gläubigern unter allen Umständen zu reserviren verspricht (vergl. hierüberauch Lehmann, Aktienrecht I S. 1ö8ffg.).b) Die Mitglieder haften nicht Persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Daßnicht alle haften, macht sie zur juristischen Person (darüber, daß die Aktiengesellschaftjuristische Person ist, siehe insbesondere Z 210); daß keines haftet, unterscheidet sie vonder Kommanditgesellschaft auf Aktien, bei welcher neben der Gesellschaft der Kom-plementär persönlich für die Vereinsschulden haftet.
Eine scheinbare Ausnahme von diesem Prinzip bildet § 217. Dort ist einedirekte Haftung des Aktionärs gegenüber den Gläubigern statuirt für den Fall, daßderselbe den Vorschriften des Gesetzbuchs zuwider Zahlungen von der Gesellschaftempfangen hat. Allein hier ist nicht die Aktionäreigenschaft, sondern die rechts-widrige Ausübung der Aktionäreigenschaft der Rechtsgrund für die Haftung.