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Lange mit der britischen Weltherrschaft. Mau glaubte sichstark genug, um auf dem Bodeu des Freihandels die übrigeWelt in ungewerblicher Abhängigkeit zu erhalten.
Infolgedessen mußte dieses Freiwilligkeitspriuzip tiefer be-gründet und neu formuliert werden. Dies geschah durch dieklassische deutsche Philosophie, dadurch, daß Kant der Ideeder Persönlichkeit die Idee der Menschheit zur Seite setzte,dadurch, daß Fichte den Satz formulierte: zwischen demEinzelnen uud der Menschheit steht die Nation. Ihrer Ideenach ist die deutsche Freiheit die Freiheit des Gliedes aneinem lebendigen Ganzen nach dem Satz: Alle für einen, einerfür Alle. An die philosophischen Klassiker anknüpfend, hatnun auf nationalökonomischem Gebiet Friedrich List bekanntlicherklärt: Zwischen der Einzelwirtschaft und der Weltwirtschaftsteht die Volkswirtschaft — diese Volkswirtschaft als ein„nationales System", wie er sich ausdrückte, als ein solchesGanze, das in sich alle Produktivkräfte entwickelt, das denEinzelnen trägt und schützt und das sich nach außen durchZölle zwar abschließt, aber doch vom Schutzzoll zum Frei-handel emporreift.
Das praktische Ergebnis dieser sich kreuzenden Gedankenwaren vor dem Kriege Volkswirtschaften, gegenseitig sich durchZölle absondernd, aber doch nicht aufeinander verzichtend,Volkswirtschaften, welche durch Tarifverträge und Meistbe-günstigungsklauseln miteinander in Zusammenhang standen:die britische Freihandelsidee germanisiert durch die VorstellungLists von der nationalen Volkswirtschaft. Ich glaube nunfeststellen zu können: Deutschland hat das allergrößte Interessedaran, daß an dieser Grundlage der Weltwirtschaft nicht ge-rüttelt, daß die Weltwirtschaft vielmehr auf dieser Grundlageneu aufgebaut werde, und daß insbesondere die Meistbegün-stigungsklausel nachdem Beispiel des Frankfurter Friedenswomöglich in alle Friedensverträge aufgenommen werde. Ichglaube, hiermit vielleicht das wichtigste wirtschaftliche Kriegs-ziel zu formulieren, wobei daran zu erinnern ist, daß die Meist-begünstigungsklausel in dem Frankfurter Frieden nicht aufWunsch Bismarcks, sondern auf den Wunsch Thiers aufge-nommen wurde. Deutschland kann nach dem Kriege nichtauf die Weltwirtschaft verzichten, es muß ausführen, es mußMärkte aufsuchen, es kann sich um deswillen nicht abschließen,weil es einführen muß, weil es mit Rohstoffen sich wiedersättigen muß und in letzter Linie, weil es gezwungen ist, seineValuta wieder herzustellen. Ich fürchte, viel internationalen