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Gesellschaft. Nicht nur die bekannte Reichstagsresolution vom19. Juli 1917, sondern auch die nationalliberale Seitenerklärung,die ungefähr dasselbe besagte — gerade die letztere brauchtedas Wort — spricht von „dauernder Versöhnung der Völker".Wenn man das nicht als Redensart nimmt, so hat dieses Wortallerdings einen sehr tiefen ethischen Gehalt. Ahnlich sprachKiiblmann neulich im Reichstage, daß bei solchen Verhand-lungen die umgebende Luft, d. h. die Stimmung unendlichwichtig sei. Ja, wenn wir in den .Friedensverträgen sogardie Meistbegünstigung auf dem Papier erreichen würden, meiueverehrten Anwesenden, wie können wir uns gegen den Boykottder privaten Geschäftswelt schützen? Der sogenannte „psycho-logische Zolltarif", wie Ramsay Macdonald vor einigen Wochengesagt hat, is tim Friedensvertrag überhaupt gar nicht zu treffen.Wenn wir diesen psychologischen Zolltarif nicht wollen, somüssen wir uns eben in jene Atmosphäre der Verständigunghineinbegeben, welche ehrliche Versöhnung will.
Auch hierüber noch ein Wort! Diese „Stimmungspfiege",wie ich es nennen möchte, wird am besten dadurch inDeutschland betrieben, daß wir die sogenannte innere Neu-ordnung durchführen; denn nichts hat uns der Welt so ent-fremdet wie unser bisheriges Regierungssystem. Der Mangelan Sympathie, dem wir vielfach in der Welt begegneten, ließ sichüberwiegend darauf zurückführen, daß wir für „unfrei" galten— nach Rohrbach selbst in der Türkei ! Das mag nichtangenehm klingen, es mag auch vielleicht eine Dummheit oderein Irrtum der Ausländer sein. Aber daß diese Tatsachefeststeht, läßt sich durch tausende, ich möchte sagen, durchhunderttausende von Stimmen belegen. Jeder Kaufmann, jeder,der überhaupt im Auslande war, wird das bestätigen. Es istgar kein Zweifel, wie immer wir aus innerpolitischeu Gründenuns stellen, daß die Tatsache der jetzt im Gange befindlichenNeuordnung auch eine große weltwirtschaftliche Bedeutunghat, indem sie, sagen wir ganz direkt, dem deutscheu Kaufmannwie der deutschen Ware den Weg zur Rückkehr in die Welterleichtert. Ich denke hierbei nicht nur au die angelsächsischeund überseeische AVeit, sondern auch an das nachrevolutiouäreRußland , welches unserem bisherigen Regierungssystem mitMißtrauen begegnet.
Zum Schluß meines Vortrages gestatten Sie mir nun nochfolgende Gedankenreihe hier kurz zu erörtern: Wenn wir dasgrößte Interesse daran haben, das beste Erbstück des britischenFreihandels in der Meistbegünstigungsklansel nach Cobden in
Schulze-Gaevernitz, Neubau der Wellwirtschaft. 2