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die Zukunft hinüber zu retten, so retten wir zugleich nichtminder das beste deutsche Erbstück von Friedrich List her,indem wir den Zollvereinsgedanken auf verbreiterte Basis stellen.Also ein Wort über Mitteleuropa ! Zunächst einige Dinge,die selbstverständlich sind, die nur scharf formuliert werdenwollen. Wir stehen hier vor einem Entweder-Oder. Mittel-wege sind undenkbar. Entweder stehen wir in Zukunft mitOsterreich-Ungarn etwa auf dem Fuße, auf dem wir hoffen,mit „den Vereinigten Staaten zu sein. Jede Bevorzugung, diewir Österreich-Ungarn heute zuteilen, werden wir in den Friedens-verhandlungen eben auch den Vereinigten Staaten zuteilenmüssen, wenn wir nicht wollen, daß etwa Brasilien und dieVereinigten Staaten sich gegenseitig bevorzugen. Entwederalso treten wir als getrennte Wirtschaftsmächte in die Friedens-verhandlungen ein und aus ihnen heraus — oder wir tretenin die Friedensverhandlungen hinein als eine einheitlicheOrganisation und bringen Mitteleuropa jetzt während desKrieges noch unter Dach. Es ist übrigens auch wahr-scheinlich, daß, sobald das Ausland sich in diese Dingemit hineinmischt, dann Einflüsse in Wien sich geltend machenwerden, die nicht gerade in der Richtung von Mitteleuropa zielen.
Ich möchte jetzt — die Stunde ist viel zu vorgerückt —die Gründe und Gegengrüude nicht entwickeln, welche für undgegen Mitteleuropa sprechen. Es ist merkwürdig: Diese Frageist doch von allergrößter Bedeutung, und die deutsche Geschäfts-welt rührt sich kaum — ein Zeichen dafür, daß hier Gründeund Gegengründe eben miteinander im Streite liegen, sich dieWage halten, und daß es schwer ist, zu einem klaren und ent-schiedenen Ja oder Nein zu gelangen.
Man macht staatsrechtliche Bedenken geltend: kein Ein-heitsstaat — da hilft das System der Delegationen. Hierzutreten finanzpolitische Bedenken, (Verschiedenheit des Ver-brauchssteuersvstems), industriepolitische, agrarpolitische Be-denken — die deutschen Gerstenbauer wehren sich gegen dieösterreichisch-ungarische Gerste usw. Alle diese Dinge scheinenmir nicht die Entscheidung in sich zu enthalten. Wichtigervielleicht sind die währungspolitischen Schwierigkeiten. EinZollverein ist undenkbar, wenn innerhalb des ZollvereinsValutaschwankungen möglich sind. Also führt der Zollvereinauch dazu, daß wir uns um die österreichisch-ungarische Währungkümmern müssen, keine sehr angenehme Belastung. Aberabgesehen vom Zollverein sind wir bereits in der Notlage,