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uns sehr energisch um diese Währung kümmern zu müssen. DennÖsterreich-Ungarn schuldet uns heute ungefähr 12 MilliardenKronen. Wenn wir die österreichisch-ungarische Währungins Bodenlose herabsinken lassen, was sie ohne unsere Hilfe undStütze wohl täte, ja, dann müssen wir eben diese 12 MilliardenKronen in den Kamin schreiben, keine angenehme Aussichtangesichts der Verluste, die der russische Bankrott über unsverhängt.
Ich kann, wie gesagt, auf alle diese Dinge hier nicht ein-gehen, sondern stelle zum Schluß fest, daß meiner Meinungnach überhaupt nicht wirtschaftliche, sondern politischeGründe für oder gegen Mitteleuropa entscheiden. Ich berufemich hier auf Bismarck. Bismarck war ein Gegner, und zwarenergischer Gegner Mitteleuropas , das bekanntlich in den fünf-ziger Jahren von dem Freiherrn von Bruck als österreichischemMinister den Deutschen verlockend vorgespiegelt wurde. DiesesMitteleuropa konnte Bismarck damals nicht wollen, und zwarweil dieses Mitteleuropa den politischen Schwerpunkt in Wien gehabt hätte. Infolgedessen die Devise Bismarcks: „Losvon Österreich !" Zu diesem Zwecke wurde Bismarck bekannt-lich Freihändler. Er hat sogar große Opfer für diesen Zweckgebracht.
Wir stehen heute vor einer Wahl. Ich möchte, ehe ichfür mich entscheide, für Sie die beiden Möglichkeiten neben-einander stellen: entweder wollen wir Kleindeutschland,ähnlich, wie dies Bismarck wollte, ähnlich, wie man heutevon Kleinengland spricht: Kleindeutschlaud mit intensiver,kapitalistischer, der See zugewandter Entwicklung, freihändlerischinteressiert und vielleicht freihändlerisch umgestaltet. Die Demo-kratisierung, die sich in Deutschland vollzieht., bringt diegroßen Konsumentenmassen in den Vordergrund, und diesesind freihändlerisch. Von solcher Seite her wendet man sichbereits gegen Mitteleuropa , indem man erklärt: Dann, wennwir so weit sind, etwa mit den Getreidezöllen völlig aufzu-räumen, wollen wir nicht die Fesseln Mitteleuropas an unshaben. Auf der anderen Seite steht ein zu Mitteleuropa verbreitertes Deutschland mit langsamerer, extensiver,mehr selbstversorgender, dem Orient zugewandter Entwicklung,ohne natürlich auf die Weltwirtschaft zu verzichten, einDeutschland , welches maßvoll schutzzöllnerisch festgelegt ist,damit aber auch all den Wirrwarr und all das Gift derpolitischen Zollkämpfe aus seinem Inneren ausscheidet. Einverständiger Bauernschutz, für den ich stets eingetreten
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