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Einleitung,
daß er dann der Witwe des Ermordeten, die seine Gnade anflehte,fünf Gulden schenkte. Mag die Geschichte so oder etwas anders ge-wesen sein, sie ist leider nicht vereinzelt, und die entsetzlichen Jagdgesetze,die Deserteur-Attrappierungs-Anstalten und ähnliche Ausgeburtenvon Sultanslaunen sind unwiderlegliche Zeugnisse, daß diese Fürstensich und ihre Lüste für den Staat und für Staatsangelegenheitenansahen und die „Unterthanen" dieser Willkür in jeder Formaufopferten.
Die Schwäche und Bettelhaftigkeit der meisten auch dieseretwas größeren Tyrannen und die Niedrigkeit, mit der sie von denmächtigeren und zahlungsfähigen Staaten die abschätzigste Behand-lung ertrugen, endlich die elende Unterthänigkeit, mit der sie vor denfranzösischen Gewalthabern und zuletzt gar vor Napoleon im Staubekrochen, macht das Bild noch peinlicher, wenn diese letzten Vorgängeauch bisweilen als eine Art Sühne erscheinen mögen.
Nationale Erwägungen nnd Ziele darf man vollends an keinemHofe und bei keiner dieser Regierungen, auch nicht bei den einzigenwirklichen Staaten unter diesen Reichsständen, bei Preußen undÖsterreich , suchen. Wo sie betont wurden, dienten sie mehr nurzur Verbrämung der persönlichen Zwecke, und nicht selten geschahenDinge, die jede Scham und jedes Ehrgefühl verletzten.
Der Kurfürst von Bayern und der Pfalz gab in dem Reichskriegegegen Frankreich 1792/93 den französischen Spionen Pässe vonpfälzischen Offizieren, und sein Nachfolger, als König Maximilian I.,sagte dem französischen Gesandten (24. Februar 1799): „Bei jedemErfolge der französischen Waffen habe ich es gefühlt, daß ich Fran-zose bin." Mit so offenen Worten mag nicht leicht ein anderer seineNation verraten haben, aber viele dachten und handelten nicht besser.Es herrschte eine sehr niedrige, fast ganz privatrechtliche Auffassungvom Staat. Trotzdem haben sich Männer von Kopf und Herz, wieJustus Möser in der Vorrede seiner Osnabrückischen Geschichte undder kluge Historiker Spittler, über den erreichten Zustand befriedigtgeäußert. Aber das ist nur ein Beweis, wie tief das politischeEmpfinden gesunken war, wie wenig man sich des Mangels eineswirklichen Staatslebens bewußt wurde. Die Liebe zum deutschenNamen, Volke und Lande, die sich bisweilen schon in begeisterten