Stellung der Bürger in der Gesellschaft.
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wickelnden Verhältnissen des Lebens und der Kraft des Bürgertumseinerseits und der in allen diesen Staaten und vvr allem inPreußen noch immer vorwaltenden Tradition des ausgeklärtenDespotismus andererseits wurde verschärft durch die gleichzeitig er-neuten Versuche der Feudalen, die alten und womöglich noch er-weiterten Privilegien wiederzugewinnen oder zu behaupten. In einemLändchen erhielt der jnnge Mann von Adel, der Jura studierte,sogar schon als Student den Assessortitel und bezog dann denAssessorgehalt als Stipendium. Auch in Preußen nahmen die An-sprüche deS Grundadels bisweilen eine höchst bedenkliche Form an,so noch bei den Verhandlungen der Provinziallandtage von 1841über eine Forst- und Jagdorduuug. Aber obschon die Erneuerungder Proviuzialstäude (1823) ein Versuch war, den seudalen Ele-menten künstlich eine Stellung im Staate zu sichern, die ihrerthatsächlichen Bedeutung nicht entsprach, so haben die Provinzial-stände trotzdem doch Gelegenheit geboten, den Gegensatz der Ständeauszugleichen, indem sie die Bedeutung der Bürger und derbürgerlichen Geschäftskunde zur Geltung brachten. Die Freund-schaft Harkorts mit den: Landrat von Hövel, dem er dnrch dieHerausgabe seiner Schriften ein Denkmal setzte, ist ein schönesBeispiel dieses Zusammenwirkens, und daß die Feudalen demStaate in entscheidenden Fragen notwendige Besngnisse und Mittelverweigerten, zwang auch eingefleischte Bureaukraten, bei demBürgertum eine Stütze zu suchen. Freilich pflegte sich nach solchenKonflikten die Bureaukratie leicht wieder mit dem Adel zusammen-zufinden, teils weil sich dieser auch nach der rücksichtslosesten Oppo-sition immer wieder als die eigentliche Stütze des Thrones hinzu-stellen verstand, noch mehr aber um der gesellschaftlichen Vorzügewillen, die ihn auszeichneten und an denen teil zu haben für dieBeamten ein Gegenstand des Wunsches war.
Das waren die Elemente und die Gegensätze, aus denen sichdie Parteien bildeten, die sich in jenen Jahrzehnten 1820—40über die Fragen der allgemeinen deutschen Verfassung wie derLandesverfassungen entgegentraten. Die gleichen Gegensätze sindauch heute uoch vorhanden, stehen sich aber in anderen Mischungenund in anderen Stärkeverhältnissen gegenüber. Zumal das Re-