BiSmarck und die spanische Thronfmae.

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von Preußen das Haupt der Familie. Sie hat aber in Prcußcukein Erbrecht und steht so weit selbständig, daß der König demPrinzen, als ihm der Thron Spaniens angeboten wurde, wohleinen Rat, aber keinen Befehl erteilen konnte.

Der König hat diesen Standpunkt von Nufang an festgehalten:es sei eine Familienangelegenheit, der Staat Preußen uud er alsKönig von Preußen habe nichts damit zu thun. Der König warübrigens nicht für die Annahme und freute sich, als der Prinz dieersten Anfragen ablehnend beantwortete. Aber Bismarck beganngünstig darüber zu denken und ermunterte die Spanier, ihre Werbungzu wiederholen. Er betrieb die Sache mit gewohnter Energie, undsein bester Gehilfe Lothar Bucher ist in dieser Angelegenheit nachSpanien gegangen. Bismarck hat jedoch, auch später, vermieden,den Schleier zu lüften, den er über seinen Anteil an diesen Ver-handlungen ursprünglich hatte breiten müssen. Das forderte schondie Rücksicht aus seinen königlichen Herrn, der dagegen gewesenwar, aber uns ist es dadurch erschwert, den Zweck zu erkennen, denBismarck mit dieser Kandidatur verknüpfte. Einige seiner Ge-treuen rühmten später das Unternehmen als eine Falle, die er denFranzosen stellte, nnd es ließe sich denken, daß dem so wäre. Bis-marck wußte, daß Napoleon zum Kriege gedrängt wurde, er kanntedie lauernde Haltung Österreichs, Dänemarks, Italiens .

Mit solchen Erwägungen ist aber die Annahme, er habe der Reiz-barkeit der Franzosen eine Falle stellen nnd sie zum Kriege verlockenwollen, nicht erwiesen, am wenigsten damit, daß sie von VertrautenBismarcks geäußert worden ist. Solche Pläne teilte Bismarck keinem Vertrauten mit. Diese Annahme ist bis jetzt nicht viel mehrals eine Erklärung aus dem Erfolg, während andere Erklärungenebenso nahe liegen. Auch steht der Annahme manches entgegen.Keinesfalls aber darf man vermuten, Bismarck habe dadurch un-mittelbar den Krieg veranlassen wollen. Undenkbar wäre es, daßer dann den König allein hätte nach Ems gehen lassen und daßer sich in dem fernen Varzin vergraben hätte, statt wenigstens inder Nähe, etwa in Wiesbaden oder Baden-Baden , seinen Sommer-aufenthalt zu wählen. Das wäre eine Nachlässigkeit gewesen, dersich Bismarck wichtigen diplomatischen Verwicklungen gegenüber