622

Kaiser und Reich.

niemals schuldig gemacht hat. So bleibt nur übrig zu sagen, daßBismarck die spanische Kandidatur des Prinzen Leopold als einenfür Preußen und das diplomatische Spiel jener Tage günstigenFaktor gepflegt und gefördert hat, ohne daß er damit ein bestimmtesnaheliegendes Ziel verfolgte oder ohne daß wir wenigstens bis jetztdies Ziel genauer bezeichnen können.

Unter Bismarcks Einfluß entschloß sich der thatkräftige Prinzim Einverständnis mit seinem Vater, dem Fürsten Anton, demspanischen Unterhändler am 20. Juni 1870 die Zusage zu geben:daß er die Krone annehmen werde, wenn die Wahl der Cortesauf ihn falle. Wie das in Paris bekannt wurde, begann dieKriegspartei in der Presse einen maßlosen Lärm, um das Volkaufzuregen und Napoleon zum Kriege gegen Preußen fortzureißen,und erging sich zugleich in schroffen Herausforderungen Preußens .Das kaudinische Joch ist bereit für die Preußen; sie werdensich darunter bengen und zwar ohne Kampf besiegt nnd entwaffnet,wenn sie es nicht wagen, einen Kampf aufzunehmen, dessen Ausfalluicht zweifelhast ist. Unser Kriegsgeschrei ist bis jetzt ohne Ant-wort geblieben. Die Echos des deutschen Rheins sind noch stumm.Hätte uns Preußen die Sprache gesprochen, die Frankreich spricht,so wären wir schon unterwegs." So schrieb ein angesehenes Blatt,nnd das amtliche Organ der Regierung, der Moniteur, führte am8. Juli aus, daß Preußen vier Jahre mit der Geduld Frankreichs Mißbrauch getrieben habe und sich nun das Übergewicht und dieHerrschast in Enropa anmaßen zu wollen scheine.Es ist Zeit,solchem Anspruch ein Ziel zu setzen . . . und heute ist der Verzichtdes Prinzen Leopold auf den spanischen Thron nicht mehr aus-reichend: ... das wenigste, was wir verlangen müssen, . . . wäredie formelle Bekräftigung und absolute Ausführung des PragerFriedens, d. h. die Freiheit der süddeutschen Staaten, die Räumungder Festung Mainz, welche zum Süden gehört, das Aufgeben jedesmilitärischen Einflusses jenseits des Mains und die Regulierungdes Artikels V mit Dänemark ."

Auch die Art und Weise, wie die Minister Gramont undOllivier die Angelegenheit bei der ersten Erwähnung ini Gesetz-gebenden Körper am 6. Juli behandelten, läßt keinen Zweisel darüber,